war mal wieder etwas unterwegs, diesmal ging es ein bisschen weiter weg als bisher.
Ich konnte einem Angebot der Firma MotoPort aus Varel , mich auf meine alten Tage als Fotomodell für die dänische Motorrad - Bekleidungs - Marke DANE zu verdingen, nicht widerstehen. Aber die eigentliche Verlockung bestand darin, daß die ganze Aktion im Himalaya stattfinden sollte . Kleidung von DANE sowie Motorräder der Marke Royal Enfield wurden gestellt und die ganze Tour samt Flug professionell organisiert.
Nun bin ich wieder runter vom Berg, etwas abgerissen und erschöpft, aber unbeschädigt.
Der Trip war in jeder Hinsicht weit mehr, als man sich überhaupt vorstellen kann. 1000 km indischer Überlandbus Delhi - Manali und zurück stellt an sich schon ein eigenständiges Abendteuer dar. Kern der Veranstaltung waren aber die 1200 km indische Bergstraßen, die Hälfte davon bestehend aus Schotter, Sand, Felsbrocken und losem Geröll. Auf der falschen Straßenseite (Linksverkehr), ohne Randsicherung, ständig auf der Hupe, bei Temperaturen zwischen 10 und 35 Grad, in Höhen zwischen 2600 und 5600 Metern, bei Regen, Hagel, Sandsturm, in Monsun - Wolken, zumeist aber bei strahlender Hochgebirgssonne und in kristallklarer extrem trockener Luft.
Nur zwei Teilnehmer blieben ungestürzt, der Rest hat sich wenigstens einmal auf den Bart gelegt, dank der zur Verfügung gestellten hervorragenden Schutzkleidung und der geringen gefahrenen Geschwindigkeiten hielten sich die Schäden an Reitern und Rössern jedoch in überschaubaren Grenzen.
Neben der kraftraubenden Fahrt auf unbefestigten Straßen - stundenlang in den Rasten stehend bei einer Höhe, die man in Europa nicht einmal als Bergsteiger erreichen kann - war die Verarbeitung der optischen, vor allem aber auch der olfaktorischen (Nase) Eindrücke eine echte mentale Herausforderung.
Und auch die für europäische Mägen sehr gewöhnungsbedürftige indische Küche, zusammen mit stark eingeschränkten Hygiene - Standards, sorgte für die eine oder andere "Unannehmlichkeit".
Indien und seine Menschen haben mich fasziniert. Die Landschaften sind großartig, die Menschen sind freundlich, zuvorkommend und immer hilfsbereit. Kein böses oder auch nur lautes Wort, Offenheit, Respekt, Geduld und Toleranz in einem Maße, welches uns Europäer bisweilen regelrecht beschämt hat.
Der Ritt meines Lebens !
Etwas Information über die von uns gefahrenen Straßen :
Indiens Zugang zum Dach der Welt ist der 475 Kilometer lange "Manali - Leh - Highway", der die Stadt Manali mit Leh, der Hauptstadt der Region Ladakh, verbindet. "Ladakh" heißt zu deutsch "Land der Pässe" , was für uns Tourteilnehmer wie eine Verheißung klang. Die Bezeichnung als "Highway" ist wörtlich zu nehmen, denn die Route führt über fünf der höchsten befahrbaren Bergpässe der Welt - darunter dem Lachulung La mit 5.059 Metern und dem Taglang La mit 5.325 Metern. Weil wir damit noch nicht zufrieden waren, setzten wir dem Ganzen noch eins drauf und befuhren den höchsten Pass dieser Erde , den Khardung La mit seinen 5600 Metern Höhe. Wenn man schon mal da ist....... Wie oben schon erwähnt besteht der "Manali - Leh - Highway" im Gegensatz zu dem, was sich der Europäer unter einem "Highway" vorstellt, zu etwa der Hälfte aus Schotter, Sand, Geröll oder Schlamm .
Und der spärlich verteilte indische Asphalt steht mit seinen Frostaufbrüchen, Schlaglöchern und gemeinen manchmal kniehohen Wellen einer miesen Wellblechpiste in nichts nach. Die Straßen sind nicht ganz so steil wie an einigen Stellen in den Alpen. Ohne es genau nachgemessen zu haben, schätze ich die Steigungen auf maximal 15%, mehr würden die überladenen Tata - LKW nicht schaffen. Oft jedoch verläuft sie einspurig, immer ohne Randsicherung und an einigen Stellen herrscht ein reger LKW - Verkehr. Und die Brummis haben Vorfahrt . Immer !
Brücken sind einspurig und mit lose aufgelegten Stahlplatten als Fahrbahn versehen. Manchmal verrutschen die Platten in Fahrtrichtung , so daß man beim Drüberfahren die reißenden Fluten unter sich durch die Lücken sehen kann. Trick beim Drüberfahren : Augen zu und durch. Ansonsten lässt man den Blick besser nie von der Straße, denn das Versprechen des Reiseveranstalters lautet: "The road will never fail to challenge You". Eine nette Untertreibung ! Die Überwindung dieser Pässe bedeutete für alle Beteiligte eine große Herausforderung. Die dünne Luft führte zu Atemnot, Übelkeit, Schwindel und zu einem unangenehmen Element der Höhenkrankheit: Durchschlafstörungen, denen auch mit Hochprozentigem nur ungenügend begegnet werden konnte. Diese Faktoren und das unberechenbare Wetter (Schneefall im August ist durchaus möglich) tun ein Übriges, um den Manali-Leh-Highway zu einer der abenteuerlichsten Straßen der Welt zu machen.
Reißende Flüsse treten über die Ufer und überspülen den Fahrweg. Die Gipfel der Berge, die auch im Sommer schneebedeckt sind, die abwechslungsreiche Vegetation und die bizarre, zerklüftete Landschaft machen die Fahrt zu einer faszinierenden Reise. Zwischen Oktober und Mai ist die Straße wegen meterhohen Schnees gesperrt. Ab Juni setzt dann ein wahrer Run ein, um die abgelegenen Dörfer zu versorgen. Eine Kolonne von Lastern, Bussen, Pick-ups und Pkws bewegt sich dann Tag und Nacht dem Himalaya entgegen. Zahllose Militärkonvois nutzen die Straße.
Der Manali-Leh-Highway hat eine äußerst wichtige strategische Bedeutung. Immer noch streiten sich Pakistan, China und Indien um das Kaschmir-Gebiet, durch das die Straße führt. Die indische Armee hat Tausende Soldaten in den Bergen stationiert. Damit der Nachschub die Truppen erreicht, wird unermüdlich an der Straße gebaut. Insgesamt waren wir 1200 km auf dieser Straße unterwegs, da wir uns außer dem Khardung La auf dem Rückweg auch noch einen Abstecher zum Tso Kar, einem abgelegenen Salz - See, gegönnt haben .
Die ganze Geschichte als kommentierte Bildersammlung findet ihr hier
Doku auf YouTube über die gesamte Strecke, aus der Perspektive zweier indischer Trucker. Der beste Film, den ich zu diesem Thema gefunden habe. Nicht verpassen ! http://www.youtube.com/watch?v=jGtuYLlEdp4
Zum Schluß ein dickes Dankeschön an:
Moti, unseren professionellen und mit unkaputtbar guter Laune versehenen Guide. Ramen, den begnadeten Alteisenschrauber . Ein menschgewordenes Schweizer Taschenmesser. Das DANE - Team, bestehend aus Jens und Sven, weil sie diese Reise geplant, perfekt organisiert, eine super Truppe zusammengestellt und die (für mich geniale) Idee hatten, daß ich dabei sein sollte. Und an Gina, meine beste aller Hälften, die nach anfänglichem Entsetzen bezüglich meines Reiseziels ihre Ängste besiegte und sogar darauf drängte, daß ich diesen Trip jetzt mache und nicht damit warte, bis ich nicht mehr auf den Bock steigen kann .
M.f.G., Zündfix
Motorradfahren ist die wildeste Spielart einer friedlichen Seele.
Meine Güte, jetzt bin ich doch einen ganzen Vormittag vor dem PC weggeschimmelt, was für ein toller Bericht, Kompliment. Musste letztes Jahr im April meine Allerliebste nach Kalkutta und Darjeeling begleiten, die im Auftrag ihres anderen Herrn beruflich hin musste. Freiwillig hätte ich das nie und nimmer gemacht. Mit den Hindu`s komm ich einfach nicht klar. Aber in Darjeeling war es bei moderaten 25 Grad auf über 2000 m Höhe 15 Grad angenehmer als in Kalkutta und die Budhisten im Ghorka-Land sind mir doch ein bisschen vertrauter. Was den Verkehr betrifft, habe ich mir als Beifahrer, bei Gegenverkehr immer wieder die Augen zugehalten, um die Abhänge über die wir gefühlt darüberflogen, nicht zu sehen.
Ich fand ja den (DANE-)Werbeblock am Ende am besten ...
... nee Quatsch: ist ein toller fern-W-erzeugender Bericht mit den "zünfix-typischen" (sehr)originellen Kommentaren - ein Genuß!!!
Aber dennoch eine (durchaus)ernstgemeinte Frage: macht das Fahren mit den Enfield-Böcken auf diesen "Straßen" auch nach dem 3.Tag noch Spaß ... oder artet es dann letztlich nur noch in Arbeit aus ... um hoffentlich bald irgendwo anzukommen?!
die befahrenen Straßen arten schon nach 6 Stunden in harte Arbeit aus , ganz egal, mit welchem Fahrzeug. Bis im Januar dieses Jahren besaß ich eine Yamaha 750 Super Teneree mit mehr als doppelt soviel PS, doppelt soviel Federweg und fast doppelt soviel Gewicht wie eine Enfield. Sie fiel dem Kauf meines W650 - Gespanns zum Opfer .
Auf der Reise habe ich manches mal darüber nachgedacht, ob die Teneree das bessere Möpp gewesen wäre und kam zu dem Schluß, daß...nein. Weil:
Mehr als 22 PS bekommst Du auf diesen Straßen nicht sicher auf den Boden, zumal dann nicht, wenn die Maschine so schön schieberuckelt wie die Teneree, was der Enfield absolut fremd ist. Ihre schwere Kurbelwelle ist zwar der Grund, warum der Motor nach 30000 km überholt werden muß, macht das Motorrad aber zu einem Lanz Bulldog auf zwei Rädern . Sie zieht noch bei Drehzahlen zuverlässig aus jedem Loch, wenn andere Motoren bereits absterben.
21 Zoll am Vorderrad wären ja ganz nett, aber 19 Zoll und 3.25 er (enstp 90/90) Zwiebackfräsen sind auch nicht schlecht. Und am besten sind die 19 Zoll Hinterräder . Da muß das Loch schon ganz schön tief sein , bevor sie auskeilt . 19 Zoll hinten bekommst Du bei keiner modernen Enduro .
Federwege von 230 mm statt 160/120 mm würden die Reise komfortabler machen, führen aber zu enormer Sitzhöhe . In Kombination mit 250 kg Gewicht , zu kurzen Beinen (175 cm Größe) und rutschigem Grund ist jeder Halt, zumal an einem Straßenrand, wo es 300 Meter runter geht, ein Abenteuer . Genau deshalb habe ich bei der Befahrung der ligurischen Grenzkammstraße auch die Teneree zu hause gelassen und stattdessen meine gute alte Yamaha SR 500 mitgenommen .
Wenn Dir die Gleichdruckmembranen des Doppelvergasers , der komplexe Kabelbaum , die tief im Fahrzeuginneren verborgenen Zündkerzen , die Benzinpumpe oder die Zündbox unterwegs den Mittelfinger zeigen , ist die Reise zu Ende . Nicht davon gibts entlang der Straße als Ersatzteil . Zu den Spanndauer Schlampen mit ihrem dusseligen CAN - BUS sag ich besser nix.
Sicher gabs an den Enfields immer wieder was zu schrauben, von Sturzschäden abgesehen war es aber nur Kleinkram, der dank der einfachen Machart dieses aus den 30ern stammenden Motorrades rasch erledigt war . Ich denke mit Grausen an den Berg von Plastikteilen, die ich an der Teneree dafür hätte abschrauben müssen .
Am meisten hat mich der Rahmen (Hauptrahmen) der Maschinen beeindruckt . Er ist recht solide und steckt richtig was weg . Auf der Tour haben wir einen Hilfsrahmen geliefert, ein Paar Standrohre verbogen und mehrere Böcke so richtig hingeschmissen. Am Anfang sind wir noch respektvoll um die tieferen Löcher herumgefahren , zum Schluss mit zusammengekniffenen Arschbacken einfach durchgebrettert . Keine hat aufgegeben , keine hat sich verbogen . Und die Moppeds fahre ihr ganzes Leben lang nur diese Straße, meine hatte 16000 km auf der Uhr.
Auf deutschen Straßen taugt das Motorrad nur, wenn sich der Fahrer auf dessen Eigenheiten einstellt. Dauervollgas geht nicht, Ampelduelle verliert man und Werkzeug sollte man dabei haben . In Indien geht kein Dauervollgas, es gibt (im Himalaya) keine Ampeln und ohne Werkzeug geht keiner aus dem Haus.
Also: Auf dieser Straße: Nur mit Royal Enfield Bullet . Und dann machts auch richtig Spaß, trotz der vielen Arbeit .
M.f.G., Zündfix
Motorradfahren ist die wildeste Spielart einer friedlichen Seele.