Das versteh ich nicht! Ich hab bisher auch nicht gratuliert. Ist das jetzt gut, oder schlecht, oder falsch, oder richtig? Völlig verwirrt geht ich jetzt erstmal an die frische Luft!
Wahrscheinlich kennen viele die Geschichte schon. Für mich war sie neu:
"Die Döblinger Weihnachtsgans
In einem Vorort von Wien lebten zwei nette, alte Damen. Es war schwer, sich zu Weihnachten einen wirklichen Festbraten zu verschaffen. Und nun hatte die eine der Damen die Möglichkeit, auf dem Lande gegen allerlei Textilien eine magere, aber spring lebendige Gans einzuhandeln. In einem Korb verpackt brachte die Dame – nennen wir sie Fräulein Agathe – das Tier nach Hause. Und sofort begannen Agathe und Ihre Schwester Emma das Tier zu füttern und zu pflegen.
Die beiden wohnten in einem Mietshaus im zweiten Stock, und niemand im Haus wusste davon, dass in einem der Wohnräume der Schwestern ein Federvieh hauste, das verwöhnt, gefüttert und großgezogen wurde. Agathe und Emma beschlossen feierlich, keinen einzigen Menschen jemals davon zu sagen und zwar aus zweierlei Gründen!
Erstens gab es Neider und zweitens wollten die beiden Damen für nichts in der Welt mit irgendeinem nahen oder weiteren Verwandten die später möglicherweise fett gewordene und dann gebratene Gans teilen.
Deshalb empfingen sie auch sechs Wochen lang, bis zum 24. Dezember keinen einzigen Besuch. Sie lebten nur für die Gans.
Und so kam der Morgen des 23. Dezember heran. Es war ein strahlender Wintertag. Die ahnungslose Gans stolzierte vergnügt von der Küche aus ihrem Körbchen in das Schlafzimmer der beiden Schwestern und begrüßte sie zärtlich schnatternd. Die beiden Damen vermieden es, sich anzusehen. Nicht, weil sie böse aufeinander waren, sondern – nun weil eben keine von ihnen die Gans schlachten wollte.
„Du musst es tun!“ sagte Agathe, sprach´s, stieg aus dem Bett, zog sich rasch an, nahm eine Einkaufstasche, überhörte den stürmischen Protest, und verließ in rasender Eile die Wohnung.
Was sollte Emma tun? Sie murrte vor sich hin, dachte nach, ob sie vielleicht einen Nachbarn bitten sollte, der Gans den Garaus zu machen, aber – wie gesagt – hätte man dann eben einen großen Teil von der Gans verschenken müssen.
Als Agathe nach geraumer Zeit zurück kam, lag die Gans auf dem Küchentisch, ihr langer Hals hing wehmütig pendelnd herunter. Blut war keines zu sehen, aber dafür alsbald zwei liebe, alte Damen, die sich schluchzend umschlungen hielten.
„Wie….wie….!“ schluchzte Agathe, „hast du es denn gemacht?“
„Mit….mit….mit Veronal!“ weinte Emma. Ich hab ihr einige deiner Schlaftabletten auf einmal gegeben, und jetzt ist sie……huuuuuuu……rupfen musst du sie. …….huuuuuuu“
Nachdem sich die beiden eng umschlungen auf dem Sofa sitzend ausgeweint hatten, raffte sich Agathe auf und begann, den noch warmen Vogel systematisch zu rupfen.
Federchen auf Federchen schwebte in eine Papiertüte, die die unentwegt weinende Emma hielt. Zum Ausnehmen konnte sich keine entscheiden. So kam man überein, da es mittlerweile spät abends geworden war, das Ausnehmen der Gans auf den nächsten Tag zu verschieben.
Am zeitigen Morgen wurden Agathe und Emma geweckt. Mit einem Ruck setzten sich die beiden Damen gleichzeitig im Bett auf und stierten mit aufgerissenen Augen und offenen Mündern auf die offen gebliebene Küchentür. Hereinspazierte, zärtlich schnatternd, wenn auch frierend, die gerupfte Gans! Bitte, es ist wirklich wahr! Hört nur weiter, es kommt nämlich noch besser!
Als ich am Weihnachtsabend zu den beiden alten Damen kam, um ihnen noch rasch zwei kleine Päckchen zu bringen, kam mir ein vergnügt schnatterndes Tier entgegen, das ich nur des Kopfes wegen als Gans ansprechen konnte. Denn das ganze Vieh steckte in einem liebevoll gestrickten Pullover, den die beiden Damen in rasender Eile für ihren Liebling gefertigt hatten.
Wahre Scharen pilgerten damals hinaus nach Döblingen, um die Pullovergans zu sehen. Sie lebte sieben Jahre, und dann starb sie eines natürlichen Todes. Heftig betrauert von den beiden Schwestern, die von einem Gänsebraten nie wieder etwas wissen wollten."