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Dieses Thema hat 17 Antworten
und wurde 1.306 mal aufgerufen
 Reiseberichte / Motorradgeschichten
Seiten 1 | 2
Soulie Offline




Beiträge: 29.675

11.06.2012 10:33
10 Jahre Moppedsche Antworten

So kanns gehen. Meine bisherigen Erfahrungen, was motorisierte Zweiräder angeht, beschränkten sich auf den Soziussitz. Einmal als Kind, hinter meinem Onkel auf seiner BMW (Schiss gehabt). Und vielleicht drei- oder viermal in reiferen Jahren, beim Trampen am Gardasee, wenn ich mal wieder nach einer One-Way-Tour auf’m Surfbrett per Autostop zurückmusste. Wieder Schiss gehabt.
Mit 18 durfte ich den Autoführerschein machen. Von Motorrädern oder den kleineren Ablegern war ich nie infiziert, was sicher auch dem Einfluss meiner Eltern zu ‚verdanken’ ist. Das wollten sie nämlich auf jeden Fall vermeiden.
Als Student lebte ich mit zwei Freunden in einer WG zusammen, die ihre 250er BMWs im Winter mit aufs Zimmer schleppten. Da wurde viel dran geschraubt, lackiert etc. Aber der Funke sprang nicht über. Ich schraubte halt an meinem Käfer.
Meine erste Solofahrt auf einem Krad war nur recht kurz. Ich hatte meinem Freund beim Schrauben geholfen, und er bot mir anschließend an, mal eine kleine Runde zu drehen. Ich wollte einmal um’n Block knattern, aber an der ersten Abbiegung (rechtsrum) kamen von links zwei grüne Männchen, die mir zuriefen, ich solle anhalten.
Ich muss wohl sehr merkwürdig auf dem Krädchen ausgesehen haben. Natürlich bin ich weitergefahren, hab so getan, als hätte ich sie nicht gehört. Und die beiden Bullezisten (Braunschweig halt ..) jagten den Schwerverbrecher, indem sie einen PKW anhielten und die Verfolgung aufnahmen. An der nächsten (roten) Ampel hatten sie mich schon. Vielleicht waren’s insgesamt 500 Meter, meine erste Tour.
Es gab natürlich eine Anzeige wegen Fahrens ohne Führerschein, ebenfalls eine für meinen Freund. Als Spross eines Juristen legte ich Einspruch ein, mit der Begründung, dass zwar das Motorrad wegen seines Hubraums (250 ccm) als solches galt, die PS-Zahl jedoch (ich glaube, es waren nur 7 oder 8 PS, weiß nicht mehr genau) deutlich unter der für mich geltenden 15-PS-Grenze (für 125er) lag.
Man möge das Verfahren wegen Geringfügigkeit einstellen.
Manno, war das ein schönes Gefühl, als damals, kurz vor Weihnachten, die zwei Schriebe vom Gericht kamen, die Verfahren seien eingestellt worden.

Tja, das war so 1972 etwa. Vielleicht zwanzig Jahre später sehe ich in dem ADAC-Käseblatt Werbung für Motorräder, die ich mit meinem Schein fahren darf. 125er, die aber – für mich – aussahen wie richtige Motorräder. Das fand ich ganz interessant.
Aber erst, als ein Kollege zu Baubesprechungen mit so einem Krädchen ankam, da sprang ein Funke über. Da dachte ich, so was könnte doch auch für mich ganz nett sein. Und als der Euro kam, da sahen die Preise alle so günstig aus. Da hab ich zugeschlagen und mir bei ATU eine Kymco Hipster geholt. Heute finde ich das Teil schwuchtelig, aber damals fand ich es interessant. Abends im Feierabendverkehr auf dem Weg von ATU nachhause traute ich mich nicht über die viel befahrene Ausfallstraße zu fahren und schob den Hobel über den Zebrastreifen. Und dann gings gaaaanz langsam und vorsichtig nachhause. Puh, war das aufregend! Ich hatte ja absolut keine Ahnung, wie man so was bewegt.
Natürlich gabs anfänglich Familienprotest, aber der legte sich mit der Zeit. Im Gegenteil, meine Frau wurde neugierig. Wir knatterten gemeinsam raus aus der Stadt und machten die Feld-Wald-Forstwege unsicher. Und Souline wollte dann auch mal. Wenns eine Strecke gab, wo’s schön geradeaus geht. Und unendlich langsam … Aber es machte auch ihr Spaß, und keine vier Wochen nach dem Hipster-Kauf hatte sie eine kleine Suzuki Marauder. Jetzt konnten wir jeder solo durch die Gegend knattern, und das erste Jahr mit den 125ern hab ich durchaus positiv in Erinnerung. Immerhin hatte ich 10.000 Kilometer mit dem Boliden abgespult. Natürlich wurde nicht nur gefahren. Die Sitzbank ging ja schließllich gar nicht! Da musste eine eigene Kreation drauf. Es wurden dann mehrere, bis die Linie stimmte und die Sitzposition. Die Rasten wurden weiter nach vorn verlegt. Schließlich glaubte ich, wegen meiner langen Haxen könne ich nur auf chopperähnlichen Krädern bequem fahren. Der Lenker ging gar nicht. Da mussten Riser und eine Dragbar montiert werden. Und das Heck gefiel mir auch nicht. Da kam eine Guzzi-Rück./Blinklichteinheit dran. Ich glaube, mehr wurde nicht verändert. Auch heute noch schön finde ich an der Karre den fetten verchromten Klarglasscheinwerfer.

Fortsetzung folgt.

piko Offline




Beiträge: 16.462

11.06.2012 11:33
#2 RE: 10 Jahre Moppedsche Antworten

Zitat
Als Student lebte ich mit zwei Freunden in einer WG zusammen, die ihre 250er BMWs im Winter mit aufs Zimmer schleppten. Da wurde viel dran geschraubt, lackiert etc. Aber der Funke sprang nicht über.

Wie auch ... zu der Zeit warst du doch der "Platzhirsch" mit deinem Käfer und hast deine Kumpel allenfalls müde belächelt ...
Überzeugte Kradfahrer, also solche die nicht(nur) aus der "Not" heraus fuhren und sich durchaus ein Auto hätten leisten können, gab es ja damals praktisch nicht ... bis auf Falcone natürlich ...

Aber interessant ist dein Späteinstieg trotzdem und schön geschrieben isses auch ... fehlen eigentlich nur noch ein paar Bildchen?!

piko

warum einfach, wenn's auch kompliziert geht

Soulie Offline




Beiträge: 29.675

11.06.2012 12:02
#3 RE: 10 Jahre Moppedsche Antworten

Nicht ganz, piko. Der eine fuhr auch noch einen Mini. Der andere war ein reiner Kradler.
Ein paar Bilder kann ich vielleicht von Hamburg aus einstellen.

Weiter gehts:
Bei meiner Verabschiedung aus dem Arbeitsleben hatte man sich einen netten Gag ausgedacht. Heimlich hatte ein Kollege die Hipster aus meiner Garage in die Firma gebracht und dort ziemlich komplett zerlegt. Als Abschiedsgeschenk bekam ich entsprechendes Werkzeug, mit dem ich den Hobel wieder zusammenschrauben konnte. Aber zuerst mal hab ich ziemlich dumm geguggt!
Souline fand irgendwie den Draht zur Lufthansa-Motorradsparte, und das war ein netter Haufen! Dort sah ich zum ersten Mal eine Estrella Einsitzer, und sie gefiel mir auf Anhieb. Dort konnte man jährlich an einem Sicherheitstraining teilnehmen, was eine sehr gute Sache war. Allerdings war die anschließende Tour am folgenden Tag für mich eine Qual. Meine gute KYMCO mit 110 über die die Landstraße zu quälen, keine Ahnung wie hoch sie drehen musste (einen Drehzahlmesser hatte sie nicht). Ich hab mich dann ausgeklinkt und bin auf kleineren Sträßchen zurückgekurvt.

Wie das Schicksal so spielt – meiner Frau wurde ihre kleine Suzuki irgendwann zu lahm. Sie hatte noch weniger PS als meine. Und sie beschloss, den Motorradführerschein zu machen. Um die Ecke war eine Fahrschule, und ich konnte sie natürlich nicht allein die Sitzbank drücken lassen. Wir waren fleißig im Unterricht, haben eine Menge Theorie gelernt, bevor es das erste Mal auf die Straße ging. Der Fahrlehrer war ein Phänomen. Er wusste alles, wirklich alles, war aber gleichzeitig unglaublich beschränkt. Und von Motorradfahren hatte der Mann wirklich absolut keine Ahnung. Aber das merkt man nicht gleich. Souline wechselte bald zu einer anderen Fahrschule, weil sie mit dem Mopped (Yamaha, ich glaube Diversion) nicht gut klar kam. Sie hatte dann eine Cagiva unterm Hintern, und da gabs keine Probleme. An den Wochenenden übten wir die Manöver auf leeren Supermarktparkplätzen. Immer wieder! Slalom vor allem und Ausweichmanöver.
Die Hütchen hatten wir uns irgendwo geliehen. Bammel hatte ich vor allem, dass ich bei der Fahrprüfung das Rückstellen der Blinker vergessen könnte. Souline stellte inzwischen fest, dass sie auf einem konventionellen Krad besser sitzen konnte als auf unseren Chopperchen. Das traf sich gar nicht gut, denn auf unseren Touren durchs Hamburger Umland hatten wir eine Honda Shadow gesehen, auf einem Bauernhof abgestellt, mit einem Schild: Kauf mich! Und sie hatte mir / uns gefallen. Niedrige Sitzposition – scheinbar ideal für Souline. Sehr netter Kontakt zur Eignerin und auch ihrem Vater (die ich immer noch gern besuche). Und schon stand der Hobel in unserer Garage. Mangels Anhänger und Schein wurde sie hergefahren,
und ich brachte den Vater dann wieder mit dem Auto zurück.
Ich muss jetzt etwas zulegen, sonst werde ich nie fertig. Aber vorher noch ein Schmankerl: Den obligatorischen Augentest ließen wir in unterschiedlichen Fielmann-Filialen durchführen. Mit dem Ergebnis, dass ich flunkte, während die (damals) halb blinde Souline den Test bestand. Irre! In die Ferne kann nämlich ich sehr gut sehen, dank des fortgeschrittenen Alters. Wie auch immer, Souline sieht jetzt auch rattenscharf, nach zwei Augen O.P.s im letzten Jahr.
Wie die Frauen so sind (oder zumindest diese) kam sie eines Mittags freudestrahlend nachhause und meinte, sie habe die Fahrprüfung bestanden. Gesagt hatte sie vorher nix. Ich hatte mir wegen ihrer miserablen Augen große Sorgen gemacht, aber das war ein Ding, als sie den Schein noch vor mir hatte. Die Honda wollte sie nicht mehr, jetzt musste eine Estrella her. Und die fand sich zum Glück auch schnell im Hamburger Umland. Nun musste auch ich noch die Fahrprüfung wuppen. Mein Fahrlehrer bestand darauf, die letzte Doppelstunde auf der Bahn zu absolvieren. Besonders sinnvoll, wenn man mehr als eine Million Autokilometer abgespult hat.
Ich lernte in dieser Stunde das Stehen im Stau vor Kaltenkirchen. Stattdessen wäre ich so gern noch mal auf den Übungsplatz gefahren, weil mir das Ausweichmanöver bei 50 km/h noch immer nicht in Fleisch und Blut übergegangen war.
Na ja, es kam der Tag der Prüfung, und ich erwischte den Prüfer, vor dem bereits gewarnt worden war. Kein Gruß, kein Blickkontakt, sehr merkwürdig! Trotzdem – oder vielleicht deswegen – fuhr ich wie in Trance, vergaß keinen Blinker, und es klappte alles wie am Schnürchen. Klasse! Zum Schluss gings auf den Platz,
und beim Ausweichmanöver (Haken schlagen um die Hütchen rum) meinte der Prüfer, ich sei zu langsam gefahren. Stimmte auch. Das war ein Tipp von meinem Fahrlehrer. Ich hatte nur 45 statt der 50 auf dem Tacho. Beim zweiten patzte ich.
Großzügigerweise durfte ich ein drittes Mal starten, und wieder hieß es, zu langsam gefahren. Aus die Maus! Boah, hatte ich Hals …
Ich hab mir meine Papiere bei der Fahrschule abgeholt und bin zu dem Fahrlehrer meiner Frau gewechselt. Ein netter Kerl und ein Motorradfahrer! Noch eine Fahrstunde (vielleicht auch zwei) auf der Bandit, auf der ich muss schon etwas falten musste. Und dann wars soweit. Am 4. Juli (fourth of July) bei strömendem Regen klappte die Prüfung im zweiten Anlauf. Boah, war ich froh, erleichtert!!!!!
Ein paar Tage vorher hatte ich auf dem MOGO zum ersten Mal eine W gesehen und durfte mich auch mal draufsetzen. Jaaa, genauso sollte ein Motorrad aussehen. Ich hatte so was wie die Estrella in größer gesucht, und die W war genau die richtige. Ich hatte zwar auch mal auf einer Triumph probe gesessen, aber deren tiefere Sitzposition gefiel mir nicht. Tja, und dann wurde ich bei mobile fündig. In Rostock stand eine (HRO W 65), und der Preis war interessant. Der Tank war nicht der originale, unisilber lackiert, aber das störte mich nicht. Es war eine 2002er mit nicht mal 2.000 Kilometern auf der Uhr. Wir fuhren mit dem Wagen nach Rostock, und ich durfte dann das gute Stück zurückfahren. Mannomann, war das ein Erlebnis! Nach den 12 PS der KYMCO und den 17 PS der Estrella meiner Frau tat sich richtig was, wenn man den Drehgriff bewegte. Diese Fahrt werde ich nie vergessen. Kleine Sträßchen, Sonne, so muss das !

Es geht bald weiter.

Falcone Offline




Beiträge: 113.815

11.06.2012 17:31
#4 RE: 10 Jahre Moppedsche Antworten

Zitat
Tja, das war so 1972 etwa

1972 durftest du aber mit dem PKW-Führerschein maximal 50ccm fahren - PS-Grenze gab es wiederum damals noch keine.
War das vielleicht doch erst nach 1980 gewesen?

Eine sehr schön geschriebene Geschichte!
Sehr beeindruckt hat mich, dass du gleich angefangen hast, umzubauen. Das ist eigentlich recht ungewöhnlich.
Aber ich rätsele, was du deinen Kollegen vorher angetan hast, dass sie dir zum Abschied dein Mopped zerlegt haben

Grüße
Falcone

Im Sommer ist es zu warm, um das zu machen, wofür es im Winter zu kalt ist.

Nisiboy Offline




Beiträge: 5.695

11.06.2012 17:46
#5 RE: 10 Jahre Moppedsche Antworten

@ Christian: Regnet's bei Euch?




Ne, scherz, solche Stories les' ich gern. Vor allem, wenn man merkt, dass jemand sich Mühe mit dem Schreiben gegeben hat.

Grüße aus dem Norden

Nisiboy

Soulie Offline




Beiträge: 29.675

11.06.2012 17:59
#6 RE: 10 Jahre Moppedsche Antworten

Martin: 1974 hatte ich Braunschweig bereits den Rücken gekehrt.
Es muss 72 gewesen sein. 1980 war ich bereits in Hamburg.
Und ich meine schon, dass es eine PS-Beschränkung gegeben hatte.
Oder ich hätte mit 50 ccm mehr Power unterm Hinern haben dürfen.
Jedenfalls hatte meine Argumentation geklappt,
und die Verfahren wurden eingestellt!!!!!

Ja, Niels, heute morgen war Schietwetter.
Jetzt ist es wieder schön, und ich hab bereits zwei Runden gedreht.
Ich schreibe so, wie mir der Schnabel gewachsen ist.
Da funktioniert das Gedächtnis erfreulicherweise doch noch ganz gut.
Gedächtnis und Emotionen - das ist der Trick!
Ich freue mich natürlich, wenn mein Geschreibsel auch gelesen wird!

Falcone Offline




Beiträge: 113.815

11.06.2012 18:15
#7 RE: 10 Jahre Moppedsche Antworten

Nein. 1972 galt noch der Führerschein Klasse 4: Traktoren und Kleinkrafträder ohne Leistungs- und Geschwindigkeitsbeschränkung bis maximal 50ccm.
Ab 1980 wurde dann das Leichtkraftrad kreiert, zuerst sogar nur mit Hubraum bis maximal 80 cm³, Höchstleistung bei maximal 6000/min und eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von maximal 80 km/h.
Wann das von 80 auf 125 ccm, 11 Kw und max 80 km/h (für unter 18 jährige) angehoben wurde, weiß ich jetzt gar nicht. Da müsste eich auch erst nachgucken, das war aber sogar erst um 90 rum, soweit ich weiß.
Durch den Bestandsschutz dürfen Führerscheininhaber, die den Autoschein vor 1980 gemacht haben, alle Arten von Leichtkrafträdern fahren.

Du musst also einen verständnisvollen Richter gehabt haben

Grüße
Falcone

Im Sommer ist es zu warm, um das zu machen, wofür es im Winter zu kalt ist.

Soulie Offline




Beiträge: 29.675

11.06.2012 18:38
#8 RE: 10 Jahre Moppedsche Antworten

Wenigstens einmal ...

Ratzfatz hatte ich drei Motorräder, denn Souline wollte unbedingt eine noch jungfräulichere Estrella, so dass ich ihre ‚Alte’ übernahm. Die Honda hatte ich ja auch, weil Souline kein Interesse mehr an dem Chopper zeigte. Sie fand eine nahezu ladenneue Estrella bei einem Händler am A…. der Welt. Aber der nahm die kleine Suzuki in Zahlung, und alles passte. Diese Estrella fährt sie noch heute, und sie sieht nach wie vor ladenneu aus. Als stolzer Motorradführerscheinbesitzer musste natürlich auch die KYMCO weichen, aber das ging schneller als gedacht. Ein Zettel am schwarzen Brett in der Firma, und am nächsten Tag war sie verkauft. Auch die Honda Shadow musste weg, obwohl sie mir nicht unsympathisch war, bis auf den winzigen Tank. Seitdem hab ich ein Problem mit Minitanks, egal auf welchen Moppeds. Die W war die heilige Kuh, die Große, die Neue. An die traute ich mich lange Zeit nicht ran, wenn man mal vom Rücklicht und (später) den Blinkern absah. Der Sitz wurde vorn dezent um 4 cm aufgepolstert, so dass der Absatz in der Sitzbank verschwand. Ansonsten war sie viel zu schade, um mich an sie heranzutrauen. Nicht ganz: Meine Knie und die Kniepads harmonierten nicht sonderlich. Also mussten die fetten Kissen schlankeren weichen, die meiner Ergonomie entsprachen.
Im Herbst, als die Lust am Kradieren nachließ und das Schrauberherz Nahrung brauchte, brachte der damalige Leiter des Louis-Flohmarkts in der Süderstraße (damals ein netter kleiner Treff von Freaks, wo Benzin gequatscht wurde und es Kaffee und Kekse gab) mich auf die SR 500. An der W gabs nix zu schrauben. Die Estrella hatte einen Hochsitz, und ich drehte Däumchen. Also holte ich mir in Lübeck eine SR, zufällig sogar mit größerem Tank (Egu-Blase), mit Kettenkasten, ansonsten oginoool.
Dann wurden einige Sitzbänke produziert, natürlich mit feinem Leder bezogen. Das bin ich meinen Vorfahren schuldig (die hatten in Kirn eine Lederfabrik). Bis ich den Dreh mit dem Kicken raus hatte dauerte es etwas, und ich nervte so lange im SR-Forum rum. Es war zum verzweifeln, ich konnte 100 x kicken, und dann irgendwann lief der Bock. Aber warum? Das ganze Prozedere war mir geläufig, und ich finde noch heute, dass das Reizvollste an der SR der Kicker ist. Na ja, irgendwann kam der Tipp: Ballen auf die Raste und wrummm! Und tatsächlich, die paar Zentimeter machten den Unterschied. Seitdem machte Kicken Spaß, wenn die Technik stimmte.

Im nächsten Jahr gabs an der SR nix mehr zu schrauben, also musste eine zweite her. Diesmal aus dem Schwarzwald. Verrückt! Eine 86er, vielleicht das beste Baujahr, noch mit Scheibenbremse. Die hatte mehr Bumms und bekam – eh klar – einen größeren Tank spendiert. XS 750, schwarz. Und sie war die erste, die mit nach Italien durfte. Mit der drehte ich die Sella Ronda gleich mehrfach. Am Pass wollte sie nicht mehr anspringen, was aber nicht schlimm ist, da man sie dann halt runter rollen lässt. Ein hemdsärmeliges Mopped, wie vom Dorfschmied zusammengebratzt. Was mich an ihr störte war, dass sie unter 2.500 bis 3.000 hackte. Also in jeder Serpentine in den Ersten zurückschalten. Das passte mir nicht, weil ich gleiten will.
Aber ich hatte trotzdem Spaß mit ihr in den Alpen und hier im Trentino / Lombardei.

Meine Bibel war das Buch Gebrauchte Motorräder vom Motorbuchverlag. Da bin ich schon früh auf die XBR gekommen, die in der Seitenansicht in schwarz ganz nett anzuschauen war. Und bis auf die Sache mit der Ölkontrolle gab es keinerlei Kritik sondern nur lobende Worte. Ich wollte Souline etwas stärker motorisieren, weil sie zwangsläufig mit ihrer kleinen Hermine (so nennt sie sie) hinterherzuckelte.
Also bei ebay geguckt und fündig geworden – und Glück gehabt! Für 550 Euro hab ich eine geschossen, in Oberbayern, am Staffelsee. Kein Problem für mich! Auf dem Weg zum geliebten Gardasee wurde der Anhänger dort bei einem Bauern abgestellt.
Nach dem Urlaub sammelte ich dann Anhänger und die XBR (abgemeldet) ein.
Die SR konnte ich in den LT hinten reinschieben. Tja, und dann hats mich dort gejuckt, und ich hab mal eine kleine Probefahrt gemacht, nur wenige 100 Meter, schließlich war sie ja abgemeldet. Und da hats geschnackelt, aber richtig. Die Sitzposition war zwar unter aller Sau, zusammengefaltet und runter auf den Stummellenker gebückt. Aber der Motor und der Sound … Boah Eyyy!!!!! Hammergeil!
Souline schätzte ihre Stinkepaula sehr. So wurde sie getauft, weil der Benzinhahn nicht ganz dicht war, und unsere Garage entsprechend ‚duftete’. Und ich hörte gern ihren Klang, wenn wir zusammen unterwegs waren. Und dann hab ich Mist gebaut! Ich wollte meiner Frau was gutes tun und hab ihr eine Clubman besorgt. Technisch gleich, aber viel schöner! Und die Stinkepaula hab ich wieder hergegeben. Und irgendwie war seitdem bei Souline der Wurm drin. Einmal verlor sie ihr Kennzeichen, und es war nicht mehr zu finden, trotz intensiver Suchaktion. Und dann blieb sie einmal liegen, und das wars dann.

Danach hatte sie die Lust an der edlen Clubbi verloren, und das Teil stand einige Zeit bei mir in der Werkstatt rum, bevor Evil Albert sich erbarmte. Heute ärgere ich mich, dass ich sie nicht selbst übernommen habe. Aber so ist das im Leben …
Schiete, jetzt komme ich zeitlich doch etwas durcheinander. Denn vor der Clubman wollte ich ja selbst eine XBR haben. Ich war total angefixt von dem Hobel! Gegen die Sitzposition kann man ja was tun. Also wieder ebay geguckt, eine Gute (weiß man natürlich erst hinterher) am Bodensee gefunden und genug geboten, um sie zu bekommen. 1.600 Euro, aber die ist jeden einzelnen Euro wert! Zuhause hatte ich mir bereits eine höhere Sitzbank gebaut, um mich nicht so falten zu müssen. Und dann gings im September über Friedrichshafen zu meinem geliebten Lago. Die Batterie war tot bzw. knochentrocken, wie sich später herausstellte. Aber zum Glück hat sie ja einen Kicker. Rein in den LT, irgendwo gepennt (es war schon spät, die Vorbesitzerin hatte erst abends Zeit), und am nächsten Morgen gings dann auf neuen Wegen zum Gardasee. Bergauf ging die XBR wunderbar. Bergab gabs reichlich Druck auf die Handgelenke, was den Lustgewinn doch erheblich schmälerte.
Aber dieser Motor passt besser zu mir als der Rüttler in der SR. Ich war begeistert!
Nach einigen Touren hier und dem Stilfser Joch auf dem Rückweg ging die Optimierung zuhause los. Zuerst mussten die Stummel weg! Superbike Lenker mit Adaptern, später dann die Bol d’Or-Stummel, die aussehen, als gehörten sie von Anfang an auf das Krad. Und dann ging das Laminieren los. Na ja, zuerst musste der Tank (wieder) einem XS 750-Tank weichen, der relativ problemlos passte. Dann der erste zaghafte Bürzel-Versuch. Ich fummelte verzweifelt an dem Rahmenknoten hinten, an dem die Haltegriffe und die Blinker befestigt sind. Dieser Knoten war mir total im Weg, aber es hat leider lange gedauert, bis ich mich getraut habe, die Eisensäge zu nehmen und diesen lästigen Kropf zu entfernen (bzw. die zwei).
Jetzt wurde die Linie besser. Und gleichzeitig wurde ich im SR-Forum von virtuellen Freunden bearbeitet, selbst einen Tank zu bauen. Allein wäre ich nie an diese Arbeit rangegangen, weil ich von vornherein wusste, mit wie viel Arbeit das verbunden ist.
Ich hatte bereits eine stattliche Tanksammlung angelegt. Das meiste Fehlkäufe, weil mir die Kenntnisse fehlten und ich nur die Fotos in der Bucht sah. Ein Kawa-Tank, den ich in Hamburg abholen konnte, war zum Beispiel riesig, und ich hatte überhaupt keine Verwendung für ihn.
Damals war eine Klasse Szene im SR-Forum. Noch bevor sich die ‚kleine Kneipe’ abnabelte. Auf alle Fälle hab ich dann tatsächlich angefangen, eine Tankform zu bauen, die für XBR und für die W passen sollte. Lang sollte er sein, weil ich zwangsläufig weiter hinten sitze als auf originalem Gestühl. Schlank musste er werden, weil er schließlich auf einen Eintopf passen sollte. Und viel Sprit sollte reingehen, weil ich kleine Tanks hasse (sorry, ich wiederhole mich).

decet Offline




Beiträge: 7.706

11.06.2012 19:07
#9 RE: 10 Jahre Moppedsche Antworten

Schööön - ich les' doch auch gern Benzingeschichten, und diese muß ich mal nicht selber schreiben

Dieter

Soulie Offline




Beiträge: 29.675

11.06.2012 20:39
#10 RE: 10 Jahre Moppedsche Antworten

Aber gerne doch, Dieter!
Es geht bald weiter.

Soulie Offline




Beiträge: 29.675

11.06.2012 21:57
#11 RE: 10 Jahre Moppedsche Antworten

So wurde der Zäpfchentank geboren. Ich freue mich heute noch, dass mir diese Form auf Anhieb gelungen ist. Das ist nämlich – leider – nicht immer so. An die Seitendeckel für die XBR und die diversen Bürzel darf ich gar nicht denken. Da wurde einiges für die Tonne produziert, bevor ich mit dem Ergebnis zufrieden war.
Aber zurück zum Tank. Ich hab also eine Form, aus Styropor mit einem Mittelstringer (so nennt man die aussteifende Lage Sperrholz längs mittig bei Surfboards) und muss die Unterseite so aushöhlen, dass der Tank auf das entspechende Mopped passt. Für W und XBR gibt es also unterschiedliche Unterseiten. Deshalb geht auch in das W-Fässchen ein guter Liter mehr rein. Zuerst baute ich den XBR-Tank.

Weil die Form sich unten leicht verjüngt, hab ich das Oberteil in zwei Hälften laminiert.
Ich hatte Bedenken, die Schale später nicht von der Form lösen zu können. Bei der W wurde es dann ein Zwei- statt Dreiteiler. Aber so eine Aktion ist wirklich nur was für Verrückte. Du baust also im Idealfall zwei ‚Hälften’. Dann musst du dich um einen Einfüllstutzen kümmern. Ich hatte lange überlegt, ob erhaben oder flächenbündig. Schließlich entschied ich mich für die bündige Lösung. Heute bin ich sehr froh darüber, denn sonst gäbe es für mein Navi nicht den entsprechenden Platz. Dann muss man einen entsprechenden Tank aus der Bucht fischen. Ich hab mich für Kawa entschieden, weil mir der bündige Kawa-Deckel gefiel. Den Deckel muss man mit samt der Innereien (Entwässerungs- und Entlüftungsleitung) aus dem Blechtank schneiden. Und dann kommt eine Arbeit, die eigentlich gar nicht geht: Nachdem das entsprechende Loch in die künftige Tankoberseite geschnitten wurde, muss der Tankdeckel mitsamt seinem Blechkragen vorbereitet und in die Tankoberseite eingeklebt und überlaminiert werden. Blech und Laminat sind keine idealen Partner.
Aber wo ein Wille ist … Dann will der Anschluss für den Benzinhahn geschaffen werden. Fummelkram! Die Löcher für die beiden Leitungen wollen an den richtigen Stellen des ‚Unterwasserschiffs’ gebohrt werden. Jetzt kommt ein Anschlag innen an der Tankoberseite, gegen den die untere Hälfte dann eingepasst und verklebt wird, wenn alle Vorarbeiten erledigt sind. Wenn man Glück hat, dann passen die beiden Hälften halbwegs zusammen. Dann werden sie verklebt (mit angedicktem Harz). Und damit die Fugen wirklich dicht sind, gibt’s mehrere Lagen Gewebe überlappend. Und jetzt geht die (für mich) eigentliche Sch…Arbeit los. Jetzt will das gute Stück gespachtelt und geschliffen, wieder gespachtelt und erneut geschliffen, noch mal und noch mal … geschliffen werden. Da kriegt man die Krätze. Und immer wieder finden sich Stellen, die noch nicht so glatt wie ein Kinderpopo sind. Aber dann kanns irgendwann zum (richtig guten) Lackierer gehen. Dann hat mans geschafft!

Aber nicht, dass jemand denkt, ich stand nur in der Werkstatt und rührte im Harztopf. Das war schon eine wilde Zeit mit Treffen überall, vor allem mit Eintopftretern. Berlin, Buldern, Oschersleben, Lübeck, Südheide, Hannover, dazu kleinere private Treffen und Stammtische. Es gab einiges nachzuholen! Ich muss völlig bekloppt gewesen sein, bei strammen Minustemperaturen von HH nach Neumünster zum Stammtisch zu knattern. Na klar wars saukalt, aber irgendwie hats trotzdem Spaß gemacht. Vor allem das Auftauen, in der Kneipe und später dann zuhause. Frieren gehörte mindestens das halbe Jahr dazu. Selbst bei schönem Wetter wars morgens z.B. auf dem Weg nach Brokstedt oder Ellringen (hach, ist das immer schön dort!) einfach nur arschkalt!!!!
Irgendwann wollte ich dann auch mal die W-Bande kennenlernen und beschloss, die Mischpoke auf der Burg beim Xten Treffen zu besuchen. Regen satt drei Stunden lang. So was gabs öfter. Auch der Tagestrip zu einem SR-Treffen bei Hannover endete im Dauerregen. So was kennt wohl jeder hier, aber wirklich prickelnd ist das nicht.

Für heute reichts erst mal.

Falcone Offline




Beiträge: 113.815

12.06.2012 07:50
#12 RE: 10 Jahre Moppedsche Antworten

Zitat
Irgendwann wollte ich dann auch mal die W-Bande kennenlernen und beschloss, die Mischpoke auf der Burg beim Xten Treffen zu besuchen.



Was uns ja auch allen sehr nachhaltig, wenn auch etwas verwässert, in Erinnerung geblieben ist!

Grüße
Falcone

Im Sommer ist es zu warm, um das zu machen, wofür es im Winter zu kalt ist.

Soulie Offline




Beiträge: 29.675

12.06.2012 10:00
#13 RE: 10 Jahre Moppedsche Antworten

Mir auch, Martin!
Und das Wetter hier sieht momentan nach weiterschreiben aus.

Falcone Offline




Beiträge: 113.815

12.06.2012 10:35
#14 RE: 10 Jahre Moppedsche Antworten

Hier auch. Also: Weitermachen

Grüße
Falcone

Im Sommer ist es zu warm, um das zu machen, wofür es im Winter zu kalt ist.

Soulie Offline




Beiträge: 29.675

12.06.2012 10:48
#15 RE: 10 Jahre Moppedsche Antworten

Jepp!
Aber eben durften wir Irmas Haus besichtigen.
Es soll verkauft werden, und der Preis ist realistisch.
Grooooße Garage!

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