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Falcone Offline




Beiträge: 113.598

20.04.2012 07:46
Die Sache mit den lockeren Batteriepolen Antworten

Typische Symptome:
Motorrad ruckt während der Fahrt, Instrumente gehen ganz kurz gegen Null.
Oder – Starterknopf gedrückt, ein kurzes Klack und dann Ruhe, Kontrollleuchten sind aus.
Manchmal rattert auch nur das Starterrelais, weil die Spannung nicht ausreicht.
Schaltet man die Züündung aus und wieder ein, brennen die Kontrollleuchten wieder, dann aber das gleiche Spiel.
Werden solche oder ähnliche Symptome hier im Forum beschrieben, kommt umgehend der Hinweis: "Loser Batteriepol!" oder, schlimmer: "Du musst einfach den Batteriepol mal fest anknallen."

Was dann oftmals passiert, ist fatal und führt zu solchen Ergebnissen:





In der Folge bricht dann irgendwann während der Fahrt der Batteriepol ab und dann hat man wirklich ein Problem.

Die Batteriepole sind aus Blei und damit recht weich. Gerade hier darf man die Schrauben nicht anknallen. Es ist auch überhaupt nicht notwendig.
In der W ist eine Batterie verbaut, wie man sie auch in tausenden anderen Motorrädern findet. Es gibt daher keine Ursache, die Batteriepole der W anders oder fester anziehen zu müssen, als bei allen anderen Motorrädern. 1 bis 1,5 Nm reichen völlig aus. Oder man nimmt einen passenden Kreuzschlitz-Schraubendreher und zieht die Polschraube damit fest, dann kann man nicht so viel zerstörerische Kraft anwenden wie mit einem 10er Schlüssel.

Warum gibt es aber gar nicht mal so selten die oben beschriebenen Ausfälle und warum sind die nach dem "Anknallen" der Pole erst mal behoben?
Nun, es liegt an der versteckten Einbaulage der Batterie. Hand auf´s Herz: Wer nimmt schon mal die Batterie raus? Da sie so schwer zugänglich ist, haben die meisten Ladekabel angebaut oder bei den Baujahren ab 2000 wird die Batterie über die beiden Klappen unter der Sitzbank nachgeladen. Wenn sie überhaupt jemals nachgeladen wird. Die schlechte Zugänglichkeit und die erstaunliche Haltbarkeit der Batterie führt dazu, dass sie einfach vernachlässigt wird. Man muss ja auch nicht mal nach dem Säurestand schauen, denn sie ist wartungsfrei.
Bei den meisten anderen Motorrädern wird schon mal nach den Polschrauben geschaut und diese werden dann auch mal gereinigt. Früher war das gang und gäbe und stand in jeder Pflegeanleitung: Batteriepole reinigen und mit Polfett nachfetten. Wer macht das heute noch? Es geht ja auch lange gut, bis, ja, bis es eben mal während der Fahrt ruckt oder die W gar nicht mehr anspringt.

Batteriepole an wartungsfreien Batterien bilden heute zwar nicht mehr die starken Säureausblühungen aus, wie sie früher an der Tagesordnung waren, trotzdem oxydieren sie etwas. Ebenso die Anschlusslaschen der Kabel. Und nur das und nicht mehr ist der Grund, warum der Kontakt auf einmal nicht mehr ausreicht. Die Kontrollleuchten brennen eben noch, drückt man auf den Starter, geht aber alles aus. Der Kontakt ist unterbrochen, der abgeforderte Strom war zu hoch.
Deswegen sollte man schon noch mal regelmäßig nach den Polen schauen, sie leicht reinigen und auch insbesondere die Laschen der Stromkabel sollten gereinigt und ggf. leicht abgeschliffen werden. Je sauberer und je größer die Auflagefläche der Laschen auf den Polen ist, desto besser die Leitfähigkeit. Beim Starten muss schon eine ordentliche Menge an Strom durchfließen können. Und wenn bei beginnender Oxydation die Fläche kleiner wird, beschleunigt sich der Prozess: Die Kontaktstelle wird durch den erhöhten Widerstand heiß, die Oxydation schreiten beschleunigt fort, der Kontakt wird immer schlechter – bis zum Ausfall.
Anziehen hilft vorübergehend, der Kontakt verbessert sich etwas, die Oxydation wird davon aber nicht beseitigt, frist sich eher noch tiefer ein. Da man mit dem Anziehen aber erst mal Erfolg hatte, wird beim nächsten Ausfall wieder fester angezogen – und dann noch mal (steht ja auch so im Forum!) und nach ganz fest kommt nun mal ganz lose.
Hinzu kommt, das Blei ein weiches Material ist und unter Druck zu fließen beginnt. Erhöht man den Druck durch anziehen der Polschrauben, fließt es um so mehr. Zu festes Anziehen ist also kontraproduktiv!

Also: Das in Maßen (!) fester Anziehen der Batteriepole kann unterwegs hilfreich sein, aber dann sofort zu Hause die Batterie ausbauen und mal alles reinigen.
Besser noch, so etwa alle zwei Jahre die Batterie ausbauen und die Pole reinigen und mit Polfett leicht einfetten. Polfett verhindert die Säureoxydation an Bleipolen. Die immer wieder im Forum auftauchende Frage: "Meine W ruckt! Was ist los?" und die fatale Antwort: "Batteriepol mal richtig anknallen!" werden wir dann hoffentlich nicht mehr lesen müssen.

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Übrigens ließ sich die oben abgebildete Batterie noch retten.
Mit Zange und von der Seite her eingestecktem Schraubenzieher ließen sich beide Pole ganz vorsichtig wieder ausrichten ohne zu brechen:


Der zweite Pol war weniger verformt


Der Pol vom Foto ganz oben nach dem Richten, das Schraubenloch ist noch vom Richten oval und wird nun aufgebohrt


Mit einem Dichtungsschaber die Oxydschicht entfernen


Pol glätten, bis eine ebene Fläche entsteht


Die Anschlusslasche am Plus-Kabel ist durch die Anknallerei ebenfalls verbogen und muss gerichtet werden.


Gereinigte Lasche des Minuspols


Die beiden Laschen nun wieder gerade an der Batterie verschraubt.
Die an den Kabeln angeschlossene Batterie kann man übrigens schon auf der Soziusfußraste abstellen und mit einem Spanngurt befestigen. Dann hat man beide Hände frei zum Arbeiten.


Nun etwas Polfett auf die beiden Batteriepole geben, um der künftigen Oxydation etwas Einhalt zu gebieten.

Der Ein- und Ausbau der Batterie ist übrigens hier beschrieben:
Batterie aus- und einbauen W650/W800

Grüße
Falcone

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