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Dieses Thema hat 20 Antworten
und wurde 1.596 mal aufgerufen
 Reiseberichte / Motorradgeschichten
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decet Offline




Beiträge: 7.690

02.12.2011 19:24
#16 RE: Hellas für Anfänger Antworten

28.5.1982
Auf See. Diesmal erwachte ich vom Morgenlicht, das beim Bullauge hereingrüßte. Schon besser als Wecker im Finstern. Frühstück fiel aus, weil wir verschlafen hatten, also begaben wir uns in die Bar der Touristenklasse und kauften Kaffees und zwei Sandwichse. Hierbei gelang es uns ganz unabsichtlich, einen Griechen zu bescheißen und vier von den Schlappfüxen zum Preis von zweien abzugreifen. Ich wollte schon zurück und dem Barmann noch das Geld geben, probierte nur schnell noch vom Kaffee. Der war aber mit Entkalker aufgebrüht. Nee Pfui Bäh, diese giftige Plörre ließen wir stehen und behielten zur Strafe die überzähligen Schnittchen.
Endlich gab's auf dem Sonnendeck auch Sonne, und man füllte sogar die Stabilisierungstanks. Allerdings wagten sich die Feiglinge erst ins Schwimmbecken, nachdem ich durch entschlossenes Eintauchen demonstriert hatte, daß beim Befüllen mit Adriawasser die Haie abgesiebt worden waren. Es kam noch mal Urlaubsstimmung auf, in den wenigen windstillen Eckchen drängten sich die Sonnenhungrigen, und wir ließen die Götter mal gute Leute sein. Gegen fünf wurde es dann so windig, daß es einem das Bier ausm Glas wehte, und wir begaben uns unter Dach zu einem Kaffee (diesmal nur leicht versalzen) und einem Sandwich mit Scheibletten und Büchsenschinken. Der Coup vom Vormittag wiederholte sich nicht, wäre auch nicht mehr gerechtfertigt gewesen. Am Nebentisch spielte man vornehm Brüdsch. Zu gegebener Zeit wanderten wir aufs Vorschiff (was zwar "απαγορευμένος" war, aber wer weiß denn schon, was das heißt?), um den Sonnenuntergang zu genießen. Der war ja nicht so dolle, aber da zog von Backbord voraus mit Schnellbootgeschwindigkeit eine Rückenflosse einen Strich durchs ruhige Wasser, gibts da etwa Haie, na so was, und plötzlich spielte in der steuerbordseitigen Bugwelle ein Delphin, der gab nur für uns fünf (Uns zwei, den Sepp und noch ein Pärchen) eine Privatvorstellung unterm Bug, sprang mal links, mal rechts raus, linste zu uns rauf, dann war auf einmal noch einer da und schloß sich dem Tanz seines Kollegen an, aber als sie merkten, daß sie ihre Kunststückchen an ein Mini-Publikum (bis fünf zählen können die klugen Tiere mit Sicherheit) verschwendeten, drehten sie beleidigt, aber elegant ab und waren in der Abenddämmerung verschwunden. Wir begossen das beglückende Erlebnis in der Bar mit Metaxa und schwiegen fein still, denn, wie jeder weiß, gibt es in der Adria keine Delphine.

29.5.1982
Beim Frühstück waren die vorher doch recht umgänglichen Seeleute etwas mürrisch und nachlässig, ja beinahe unfreundlich. Es wurde elf, Ancona war noch nicht in Sicht, aber man scheuchte uns schon in die Garagendecks. Ach, natürlich, die Jungs wollten ihren Landgang, und vorher mußte klar Schiff sein. Für die erwarteten Feiertagspassagiere (morgen war schon Pfingsten) wurde sogar eine Wäscheleine mit bunter Matrosenunterwäsche längs übers Schiff gespannt. Wahrscheinlich hieß es in der Wimpelsprache: "Kommt's nur her und laßt's Eure Demark und Fränkli und Pounds da, hier seid's Ihr genau richtig."
Unsere Pässe kriegten wir aber erst, als die Zollfuzzis in Ancona sie untersucht hatten, und auch sonst ließ man uns ein bissel hin und her hopsen. Aber das ging auch vorüber, dann waren wir frisch geldgewechselt, aufgesattelt, gestiefelt und gespornt, und konnten Methusalix die Hacken ins Gekröse hauen. Daß allerdings ausgerechnet an diesem schönen Pfingstsamstag stundenlang der Giro d' Italia auf der einzigen Ausfallstraße durch Ancona strampelte, war schon mal ein netter Gag. Der nächste folgte sogleich, denn halbwegs nach Bologna verfinsterte sich mal wieder die Backbordseite des Himmels und nötigte uns zum Anlegen der Ölhaut. Wir sind das ja gewöhnt. Diesmal war es aber wirklich nur ein lokaler Schauer, und wir machten gute Fahrt auf der wieder trockenen Bahn, mit starkem, aber gleichmäßigem Seitenwind bei 140 Knötchen auf dem Ührchen, blecherne Heuschreckenschwärme wälzten sich auf der Gegenfahrbahn südwärts, schöne Spätnachmittagssonne über Südtirol, kalter Wind im Helm (gegen die Tränen gab's beim Tanken ein paar Augentropfen), später drang der Wind auch durch Jacke und Hose (gegen die Gänsehaut gab's beim nächsten Tankstop Pullover und lange Unterhosen), endlich mal auf der fast leeren Brennerautobahn mit vollen Düsen dahinblasen - und dann, nach der Paßhöhe: rotes Licht im Kombiinstrument, Uh-Oh, Lichtmaschine. Mit Zittern und Standlicht eierten wir die letzten 200 km in die hereinbrechende Nacht, und 30 km vor dem Stall machte das Roß auch tatsächlich Brrrr-spotz-putt-putt... Gottseidank nur Tank leer, Reserve. Mit den letzten Tröpfchen und einem Stoßgebet (das hellste Licht an der Fuhre war die Ladekontrollleuchte) waren wir kurz vor Mitternacht DAHEIM. Zur Abwechslung auch mal wieder ganz schön.

Nachtrag: zum Trost sei gesagt, daß nicht der sündhaft teure Lichtmaschinenläufer kaputt war, sondern nur eine der Leistungsdioden auf der Gleichrichterplatine ihre Lötstelle abgeschüttelt hatte - die Reparatur konnte ich gebührenfrei selbst erledigen. Den Läufer knackte ich erst im folgenden Jahr, und da war ich zum Glück auf Kurzstrecke unterwegs.

twobig Offline



Beiträge: 1.051

03.12.2011 20:51
#17 RE: Hellas für Anfänger Antworten

Danke!!

Einfach toll, Dein(e) Reisebericht(e)!!

Erinnert mich verdammt an eigene Touren in den 70er und 80er Jahren...
...nur bin viel weniger wortgewandt und auch das Erinnern fällt nicht immer leicht...

Nochmals: DANKE!!

Nisiboy Offline




Beiträge: 5.695

04.12.2011 13:47
#18 RE: Hellas für Anfänger Antworten

Klasse Bericht. So schön bildlich formuliert – da verkraftet man locker, dass es eben mal keine Fotos gibt.
Hast Du das wirklich alles aus der Erinnerung geschrieben oder vielleicht doch eher vor ein paar Tagen ein Notizbüchlein gefunden?

Auf jeden Fall macht es Lust auf Griechenland. Mal sehen, vielleicht kann ich irgendwann mal ein paar Fotos nachliefern.

Grüße aus dem Norden

Nisiboy

Sukasta Offline




Beiträge: 17.165

04.12.2011 14:04
#19 RE: Hellas für Anfänger Antworten

Er muß seine Tagebücher gefunden haben, wie kann man sich sonst so genau an die Daten erinnern, ich komme schon mit den Jahren durcheinander.

 
 
 
Jrüße
Sukasta



Et es wie et es, et kütt wie et kütt, jede Jeck ist anders, drinkste eine met ...

decet Offline




Beiträge: 7.690

04.12.2011 14:17
#20 RE: Hellas für Anfänger Antworten

Zitat von Sukasta
Er muß seine Tagebücher gefunden haben

Ja, aber nur vier, und in einem ist die Nordkapp-Fahrt, die hat nicht die oberste Prioriät. Und zwei sind nur bedingt als Motorradreisen einzustufen...
Aber die Suche geht weiter!

Dieter

solmsbachtaucher Offline




Beiträge: 1.100

04.12.2011 17:01
#21 RE: Hellas für Anfänger Antworten

Hallo Dieter,danke für den tollen Bericht,

wir waren anfang der 70er Jahre 3 mal dort,

fast sogar an den gleichen Stellen.Muß bald mal

nachschauen,wie es jetzt da aussieht.

Gruß Klaus

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