Liebe Leserinnen und Leser,

ist es nicht wohltuend in einer Zeit der Informationsflut, unwichtiger Nachrichten und überflüssiger Newsletter einer Kapelle zu begegnen, die noch nicht der verbalen Diarrhoe zum Opfer gefallen ist? Ja, wir melden uns nur, wenn von Bedeutsamem zu berichten ist. Und heute ist es wieder soweit:

Wir sitzen an diesem sonnigen Spätsommernachmittag auf unserer Veranda und schauen mit Wohlgefallen auf unser Land. Vor kurzem noch war diese unsere Heimat im Würgegriff der schlimmsten Wirtschaftskrise seit 1929. Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger mussten sich einschränken, viele Leistungsträgerinnen und Leistungsträger verschoben den Kauf ihres neuen Panamera, kurz:
Es herrschten Not und Elend. Jetzt aber scheint das tiefe Tal durchschritten. Beherzt wird nun überall wieder angepackt, freudig wird im Interesse des Gemeinwohles dem Fortschritt gedient. Besonders freuen uns, die wir sonst oft nur gemäkelt und genörgelt haben, die folgenden zwei Dinge:

1. Die Energieversorgung ist auf viele Jahre hinaus gesichert. Mit einem Kniff, einem genialischen Schachzug, wurde das bundesdeutsche Stromwesen zukunftsfähig gemacht: Die alten Atomkraftwerke laufen einfach weiter. Diese Entscheidung, gefällt ohne ideologische Scheuklappen, ist nur dem gesunden Menschenverstand verpflichtet und dient dem Interesse der großen Stromversorger, den Mitgliedern ihrer Vorstände und Aufsichtsräte, also uns allen. Freuen Sie sich mit uns auf ein Endlager in Ihrer Nähe und die vielen Arbeitsplätze, die so geschaffen werden.

2. Der Bahnhof unserer Landeshauptstadt, den alle Einwohner als störend, ja als Schandfleck empfinden, wird nun endlich abgerissen. Unter großem Jubel der Einheimischen haben Bagger begonnen, dieses Krebsgeschwür aus dem Antlitz der Stadt herauszuschneiden, um Platz für eine schönere Anlage im Untergrund zu machen. Jahrhunderte alte Bäume, allesamt morsch und unansehnlich, werden ebenfalls entfernt. Neue Bürokomplexe werden entstehen und Stuttgart auch überregional als schönste Stadt Deutschlands bekannt machen. Dass einige linke Chaoten (hauptsächlich Rentner und Arbeitslose, wer fände denn sonst in Zeiten des Booms die Zeit zum Demonstrieren?) wieder mal dagegen sind, war zu erwarten und kann getrost ignoriert werden.

Eine weitere gute Nachricht haben wir für Euch: Dies wird ein heißer Herbst, denn HISS spielt unermüdlich Konzert um Konzert und sicher auch in Eurer Gegend. Verifiziert diese Aussage doch einmal mit Hilfe des aktualisierten Tourplans.

Avaritia prima scelerum mater.

Herzlichst, HISS