Es gab gleich zwei Jahrestreffen in Folge: Das erste war das Treffen der Zündapp Janus IG in Sachsen zwischen Dresden und Leipzig. Dort haben wir zum ersten Mal teilgenommen, Anfahrt mit Hänger.
Der Janus ist ja nicht mehr so verbreitet wie andere Kleinwagen, deswegen waren 18 Janus an einem Ort schon wirklich sehenswert.
Skurile Kisten, in denen man Rücken an Rücken sitzt, zwischen den Sitzen der heulende Zweitakter mit brutalen 250 Kubik und rund 14 PS. Da fast immer beide Passagiere vorn sitzen, taucht die Federung vorne immer ein, was dem ganzen ein sehr demütig unterwürfiges Aussehen gibt.
Ein paar Fahrzeuge sind hinten mit Lenkradattrappen ausgerüstet, was nachfolgenden Verkehr stets in helle Aufregung versetzt. Da soll es schon Panikbremsungen gegeben haben.
Toll auch das Bild, wenn vor einem ein vollbesetzter Janus schleicht, und einem zwei Grazien die ganze Zeit beim Fahren ins Auge schauen...
Samstags gabe es eine Ausfahrt, wir mit Kurzzeitkennzeichen, bisher keinen Kilometer gefahren. Dafür ging es ganz gut an, gemächliche 40 bis 50 km/h, Berg und Tal, kleines Oldiemuseeum, geminschaftliches Essen auf der Terrasse eines Lokales an der Mulde.
Dann Weiterfahrt zur letzten Station, einer Kleinstadt mit Pferdebahn, also einer Straßenbahn mit Pferdeantrieb.
Rund zwei Kilometer vor der Stadt ging mein Leerlauf verloren, das Ding blieb auf Halbgas hängen. Kleine Fische , dachte ich noch, Überwurfmutter vom Vergaserschieber losgerappelt, kenne ich vom Messerschmitt. Kein Grund zur Panik, in der Stadt festdrehen, fertig, bloß nicht den Trupp aufhalten.
Auf dem Marktplatz angekommen, geht die Karre aus, Überwurf festgeschraubt, Pferdebahn, Eisessen, easy living...
Abfahrt," nun fährt der Lumpensammler vorweg zum Platz", so heißt es noch. Ihm folgen alle Janus, winken noch fröhlich, als sie losfahren, nur unser springt nicht an.
Ruhe über dem Markt,Zweitaktdunst tanzt in der Luft, wir sind alleine. Null Werkzeug dabei.
Eine Stunde später ist die Karre verladen. Ich sitze, nein throne Bremse tretend im Janus auf dem Trailer und versuche stets, mitzulenken und gelassen auszusehen.
Vergaser und Zündung ok, aber keine Kompression.
Sonntag früh strömender Regen, nach einer Stunde liegt der Motor auf dem Tisch. Teile vom Kolbenrand haben sich an der Zylinderwand angelagert, 86 Experten haben 89 Meinungen, 130 Ratschläge und 799 Stories.Den Motor habe ich gekillt, hätte es wissen müssen. Bin etwas unfroh.
Ein ehemaliger Janushändler und Kenner nimmt den kranken Motor gleich mit, mittlerweile ist der Zylinder irgendwo bei Heilbronn beim Schleifen. Heilbar.
Für den zweiten Versuch werde ich besser vorbereitet sein.
Der Arbeitsplatz. Hier ist die Welt noch in Ordnung, die Vordersitze noch vor dem Umbau auf Federkern (ergibt tiefere Sitzposition).
Die Parade der Janus vor dem Museum in weißnichwo. Zuvorderst ein Isetta, noch auf die zweite Klapptür sparend:
Einwürfe sind nicht verbürgt.
Das Museum ist Klasse, keinesfalls nur auf Oldtimer ausgerichtet. Untergebracht in einem ehemaligen Teigwarenwerk, der "Nudelbude" , beherrbergt es neben div. Straßenbaugeräten aus der ehemaligen Firma des Betreibers, PKW, Motorräder, Landmaschinen und Technik geglicher Art. Dazu in den obrigen Verwaltungsräumen Themenräume zu verschiedensten Spektren des ehemaligen DDR Lebens oder den Epochen davor: Küchen, Wohnzimmer, eine Arztpraxis, Lederwerkstatt, Frisörsalon, Arztpraxis,Fermmelderaum, Spielzeugsammlung und sehr viel mehr. Ein wahres Highlight ist ganz hinten im Verborgenen der Puppenspielerraum: Hier steht das Erbe einer Puppenspielerfamilie mit Material noch aus dem 19. Jahrhundert bis zum Ende der Bühne in den 50ern. Damals sollten nur noch Lehrstücke sozialistischen Inhalts gespielt werden, Kasper, König und Schutzmann waren unsozialistisch und sollten verschwinden. So hat die Familie das Kinderglück geschlossen und über Jahrzehnte aufbewahrt, bis sie es dem Museum übergeben hat.
Puppen, Marionetten, Stückmanuskrite, Technik, Bühne, alles ist erhalten. Wer erinnert sich nicht an Blitz und Donner (der Donner, eine dünne Alutafel, die geschüttelt wird, wird gerne vorgeführt). Und schon sitzt Du da, bist wieder 8 Jahre und verspürst den Zauber....
Wenn es nur nicht noch soviel anderes gäbe :
Erichs Autopflegeecke. Und natürlich die Objekte der Begierde...
die Produggde des VEB Saggsnring Zwiggau, Draband (mit hardem D) und viele andere.
Der obige ist schon ein traumhaft schöner Autozwerg!
Hier ein Wohnwagen jener Zeiten, in dem ich nichtmal in der Raumdiagonale hätte schlafen können. Bringt Mangelwirtschaft wirklich eine kleinwüchsige Bevölkerung hervor? Man könnte es fast meinen (aber was ist dann mit dem Eriba Puck, dem Knauss Schwalbennest usw im Westen...???)
Die "Zugmaschine".
Wie man aber hier unschwer erkennt, hat diese Gesellschaftsform durchaus auch selbstbewußte und wehrhafte Lebensformen hervorgebracht.
Hier noch ein Bild auf die historische Pferdebahn in Döbeln. Angeschlossen ist ein Museum, der kräftige "Hottemax" zerrt den Wagen samt gut 20 Personen durch die Innenstadt. Gesamtgewicht gut 3 Tonnen, Kurven, Steigungen, ohne Probleme. Von der spielerischen Kraft eines PS habe ich mich nie zuvor so beeindruckend überzeugen können. Frau K. jedenfalls hätte das nicht geschafft...
Ein paar Bilder von einem weiteren automobilen Highlight des Museums reiche ich nach.
Zitat Bringt Mangelwirtschaft wirklich eine kleinwüchsige Bevölkerung hervor?
Du als Kleinwagenfahrer müsstst das eigentlich besser wissen! Ich hab schon Prospekte vom Goggo gesehen wo 4 Erwachsene bequem Platz fanden! Wenn ich damit fahren müsste dann nur wenn ich dafür auf der Rücksitzbank sitze.
Gruß Irmi
Ich sehe Verkehrsschilder eher als eine Art Empfehlung an
Zitat von W-iedehopf Ich hab schon Prospekte vom Goggo gesehen wo 4 Erwachsene bequem Platz fanden!
DAS möchte ich sehen!!!
Ich komme kaum auf den Fahrersitz: Zunächst Sitz gaaaaanz nach hinten, also über die letzte Raste hinaus. Dann rechtes Bein gerade in den Fußraum, hinterm Lenkrad anwinkeln. Nun behutsam den Hintern Richtung Sitz, Beinwinkel rechts synchron anpassen, auf Kontakt Birne / Türrahmen achten. Jetzt noch das linke Bein anziehen, den Fuß irgendwie zwischen Türrahmen und Sitz durchfummeln, dann behaglich ausstrecken.
Gut, die Knochen poltern ständig irgendwo am Rahmen, der Kopf reibt unterm Dach, die Wirbelsäule bildet einen Halbkreis. Aber zu viert? Na ja, es sollen ja auch schon 16 Studis in einem Käfer versammelt gewesen sein....
Die Werbung besteht aus idealisierenden Zeichnungen. Aber Du bist gerne mal eingeladen und wirst froh sein, hinten alleine sitzen zu können, obwohl ich selbst das bezweifle.
Ich weiß das! Unser erstes Familienauto war ein Goggo. Das hatten früher viele wei man die mit der alten Führerscheinklasse 4 fahren durfte. Na ja, ich war früher auch viel kleiner. Das Angebot nehm ich trotzdem gerne an.
Gruß Irmi
Ich sehe Verkehrsschilder eher als eine Art Empfehlung an
Zitat von W-iedehopf Das Angebot nehm ich trotzdem gerne an.
Dazu später hier mehr.
Mir fällt gerade noch ein, daß ich den Janus wegen der beengten Verhältnisse nur ohne linken Schuh fahren kann: Die Pedalerie ist im Bug fest montiert, kann nicht verstellt werden. Das Lenkrad ist über einen Ausleger an der linken Fahrzeugwand befestigt (siehe Foto oben).
Steigt man ein, dreht man sich um das Lenkrad auf den Sitz, wobei man das linke Bein zwischen Lenksäule und Seitenwand einfädelt.
Nun ist mein zartes Geläuf etwas lang geraten, so daß es sich beschuht zwischen Pedal , Außenwand und Lenkausleger bzw Blinkhebel hoffnungslos verkeilt. Kontrolliertes Kuppeln ist so nicht möglich.
Verzichte ich aber auf eine starre Sohle oder die zwei Zentimeter Absatz des klassischen, konservativen Herrenschuhes, kann ich den Mittelfuß hinter die Lenksäule legen und mit den Zehen gefühlvoll zärtlich das Kupplungspedal streicheln.
Das Bein liegt dadurch flacher an der linken Wand und behindert nicht Lenkung oder Hebelei.
Leider ist dadurch die winterliche Nutzung des Fahrzeuges ausgeschlossen. Schon so ist es dem zarten Füßlein in der unbeheizten, zugigen Spitze des Fahrzeuges recht kühl, wenn man länger fährt. Langfristig wird da eine Art dicker Wollstrumpf oder eine Windstopper Socke unumgänglich sein...
Zitat von W-iedehopf Ich hab schon Prospekte vom Goggo gesehen wo 4 Erwachsene bequem Platz fanden!
DAS möchte ich sehen!!!
Aus heutiger Sicht kann ich das auch kaum verstehen, aber der Durchschnittsbürger von heute hat im Vergleich zu dem typischen 50er Jahre "Spargeltarzan" heftigst zugelegt, nicht nur in der Länge . Und das lag wohl wirklich an der Mangelwirtschaft. Zusätzlich kommt der zeitgeistige Wohlfühlfaktor dazu; oder wie sonst ist es zu verstehen, dass unsere Eltern mit Kind und Kegel im Käfer oder Kadett A glücklich über die Alpen in den Urlaub tuckerten , heutzutage kaum vorstellbar.
Zitat Frau K. jedenfalls hätte das nicht geschafft...
... und das, wo sie doch Dein bestes Pferd im Stall ist.
@ Irmi Unser Familienwagen war auch ein 250er Goggo. Vier Erwachsene waren kein Problem damals. Vorne saß mein Bruder mit seiner Frau, hinten meine Eltern. Später kam es noch doller. Mein Schwager hatte den Goggo als 250er Coupé. Das war noch kleiner, hatte aber auch die Vierpersonenzulassung. Vorne also mein Schwager und meine Schwester, hinten meine Eltern. Kopf einziehen und gelenkig sein musste man beim fahren, aber es ging. Und noch einen setzte mein Schwager drauf, als sie alle mit dem Coupé nach Italien über die Alpen in Urlaub fuhren. Ich frag mich noch heute, wo die das Gepäck unterbrachten, denn einen Kofferraum hatte das Ding ja nicht. Vermutlich haben die einen Überseekoffer aufs Dach geschnallt. Das 250er Motörchen machte das klaglos mit und lief noch einige Jahre. Irgendwann machte das Auto dann einem Kadett platz.
Die inzwischen alte Goggolimousine meines Bruders war übrigens mein erstes "Auto"! Sein Verfalldatum stand aber auf der TÜV-Plakette. Die Instandsetzung überstieg den Zeitwert und der Goggo wure verkauft.
Zitat von The oW. Und noch einen setzte mein Schwager drauf, als sie alle mit dem Coupé nach Italien über die Alpen in Urlaub fuhren. Ich frag mich noch heute, wo die das Gepäck unterbrachten, denn einen Kofferraum hatte das Ding ja nicht.
Frau K und ich haben uns vorhin ins Coupe gezwängt. Selbst Frau K muß den Sitz dazu ganz nach hinten schieben, Da bleibt hinten kaum Platz, vielleicht 40 cm. Mir fehlt in diesem "Sportwagen ein wenig die Kopffreiheit. Vielleicht finde ich ja noch eine Möglichkeit, die Lehnen etwas flacher zu stellen...