Am meisten fasziniert mich, dass man bei diesem Motor die Drehzahl akustisch bestimmen kann (weil er so langsam dreht): Für genau abgezählte 50 Triple-Zündungen stoppe ich 14.3 Sekunden, das entspricht 210 Triple-Zündungen in 60 Sekunden oder einer Drehzahl von 420/min (da eine Triple-Zündung zwei KW-Umdrehungen benötigt). Dieses Verfahren funktioniert nicht nur, sondern sogar sehr viel genauer als die meisten Drehzahlmesser. (Die im YouTube-Begleittext angegebenen 400/min sind z. B. nicht besonders genau.)
Noch viel interessanter (für mich ) finde ich aber diese Aufnahme. Die Standgas-Abschnitte sind lang genug, um 100 "Auspuff-Plopps" mitzuzählen: dafür benötigt der 270°-Twin genau 13.5 Sekunden, entspricht 444 Plopps pro Minute. Da der Motor im Standgas aber sicher nicht 444 Mal pro Minute dreht und ein Zweizylinder pro Umdrehung genau einmal zündet (also einmal Plopp macht), folgt daraus, dass der Motor in Wahrheit doppelt so schnell - also 888/min - dreht und jeweils zwei Auspufftakte akustisch zu einem einzigen verschmelzen.
Dieses akustische Verschmelzen gibt’s beim Gleichläufer nicht, wie etwa diese Aufnahme beweist. Hier hört man die Auspuff-Plopps scharf getrennt, d. h. ein 360°-Paralleltwin dreht akustisch doppelt so schnell wie ein solcher mit 270°-KW.
Müsste eigentlich (für die echten Motorradfahrer hier) extrem interessant sein ...
den Standard-Moppetfahrer interessiert das wohl weniger - so mein Eindruck aus drei Jahrzehnten. Bei mir hat es als junger Kerl schon gebritzelt, als ich zum ersten Mal eine normale CB350 (Zweizylinder) gehört habe. Das konnte irgendwie nicht sein, fand ich. Als Lehrling war ich Firmenbester in Drehzahl schätzen, konnte selbst eine schneller laufende Drehbank durch Musterbildung im Kopf (erst 1212121212, dann 123412341234, dann 1234 1234 1234) noch einwandfrei drehzahlmäßig bestimmen. Aber bei dem Honda-Zweizylinder schien was nicht zu stimmen. Der Begriff "Gegenläufer" war mir damals noch nicht gegenwärtig.
Ich denke, daß dieser Effekt auch von den Herstellern mit bezweckt ist, gibt er doch dem Motor einen scheinbar tieferen Klang. Die Gegen-Twins von Honda hatten bei hoher Drehzahl ein ziemlich gutes Gleichgewicht zwischen den Auspufftönen und den Ansauggeräuschen. Da das immer reihum lief, war ein Oberton, wie beim Vierzylinder rauszuhören. Also schlecht klangen sie nicht, die hochgedrehten Twins.
Bei meiner W höre ich allerdings die Töpfe sehr gut raus. Sie klingen einfach verschieden - was mich gar nicht so besonders freut. Die englische aus Deinem Klangbeispiel gefällt mir besser.
und ob ich die Sei schon analysiert habe . Was Du jetzt meinst mit dem "schneller als sie ist" , weiß ich nicht. Ich vermute mal, Du vergleichst den Supersound mit der abgegebenen Motorleistung.
Bei der Sei ist gerade das faszinierende, daß man trotz der sechs Zylinder sogar die Grundfrequenz des Einzylinders durchhört. Das macht den Klang natürlich irre aufregend. Von der Seite hört man real eigentlich den Dreizylinder, von hinten alle sechs zusammen. Eine vorbeifahrende Sei ist für mich der wahre Ohrenschmaus, besonders, wenn bei ca. 3500/min das Gas zugeschoben wird und dumpfes Geboller aus sechs verschiedenen Rohren ertönt. Da kommt eine CBX im Klang nicht mit.
Am Nürburgring habe ich in den frühen Achtzigern eine Sei mit einer edelst selbst gebauten 6in1-Anlage gesehen, die klang, wie ein Düsenjäger , der Fahrer war allerdings auch so ehrlich, zuzugeben, daß die Leistung dadurch unter dem Original lag. Tja, dumm gelaufen . . .
noch ein Klugunk zum Leerlauf eines "Ungleich"-Twins: in der Regel werden die Vergaser genauso justiert, wie bei Gleichläufern. Gerade weil man kaum die Möglichkeit hat, etwas zu "synchronisieren", greift man auf die Zucke-Ührchen zurück.
Nun passiert folgendes: Beim normalen Gegenläufer hebt sich der erste Kolben zum Verdichtungstakt. Der Motor wird dabei am stärksten abgebremst und läuft sowieso schon langsam, da er eine Umdrehung ohne Arbeitstakt war. Dadurch füllt sich der zweite Zylinder (bei gleicher Unterdruckeinstellung) besser mit Gemisch, weil der mehr Zeit dazu hat.
Nach der Zündung des ersten Zylinders erfolgt dann die zweite mit deutlich größerer Vehemenz und ist auch entsprechend lauter. Zum Ansaugtakt des ersten Zylinders dreht sich die Welle noch so schnell, daß die Füllung wieder schlechter ist usw.
Unsere Ohren sind normalerweise auf Geräusche getrimmt, die laut beginnen und dann abfallen, oder von Nachhall etc. begleitet werden. Beim Gegenläufer ist das umgekehrt, der zweite Ton ist lauter (!). Dies unterstützt das markante Geräusch und die gute Auflösung der Frequenz.
Bei der 270°-Welle ist dieser Effekt freilich geringer, aber auch vorhanden.
Zitat von Wännä@Serpel, ich höre bei den Auspüffen die Oktav durch, stimmts Du mir zu?
Ich bin mir nicht ganz sicher, was Du meinst. Aber wenn es das ist, was ich auch meine, könnte es eine Oktave sein. Vielleicht auch eine Quinte, oder ... na, jedenfalls was ziemlich Reines!