"Hi, hi" , jauchzt Frau Kaimann fröhlich, "nur einer hat Euch nicht überholt!"
Haha, sehr lustig.- Willkommen auf dem harten Boden der Tatsachen:
Frohburg 2008
Der letzte Lauf des Jahres, endlich ein Straßenkurs! Frohburg in Sachsen, ein kleiner Ort und was für ein Einsatz des Motorsportclubs und der Gemeinde: Das Industriegebiet wird zum Fahrerlager, die Firmen stellen den Strom, Büdchen allerorts, Straßensperrungen. Die Landstraßen gesperrt, Randsteine abgeschrägt, Schilder und Pfosten abgebaut, Lautsprecheranlagen, Absperrungen. Ein Fuhrunternehmer stellt seinen 40 Tonner an die Strecke, Plane hoch zur Verfügung: Eine überdachte Tribüne der kreativen Art !!!. Ortsfeuerwehr, DRK, alle sind dabei. Respekt vor soviel Idealismus !
Eine Woche zuvor waren hier die modernen Gespanne gefahren. Ihre Reifenspuren erzählen von den Bodenwellen, erzählen Stories von Drehern, Ausflügen ins Grün, verzweifeltem Hoffen aus Rettung vor dem Exkurs in die Taiga...
Sicherheit gibt es nicht. Die Strecke liegt fast überall erhöht wie auf einem Damm. Wer patzt, wird sich beim Flug in den Acker überschlagen... Schnell ist der Kurs, ewig lange Geraden, flache Kurven, hügelig, eine reine Motorenstrecke, zwei , drei Mutkurven (die Wolfskurve : Stark abschüssig zielt die Strecke auf den Linksknick um die Ex Kneipe "Grauer Wolf", wer geradeaus fährt, wird hinter den Strohballen in ein Loch schießen...)
Ich liebe solche Strecken ohne künstliche Auslaufzonen.
Das Training ist ernüchternd, der Motor schon auf halber Gerade ausgedreht, man muß um ihn fürchten. Das Feld aus 5 GP und 15 Intergespannen verteilt sich auf dem 4,8 Kilometer langen Kurs. Norbert pennt bockig im Boot: Er hat sein Mikado Spiel im Lager vergessen. Was soll er auch machen, wenn er nur alle paar Minuten mal den Kopf zur Seite legen muß... :D
Enttäuschung bei der Startaufstellung: Nur Platz 14 von 20. Es kommt noch schlimmer, als sich herausstellt, daß nur 16 Gespanne starten, weil bereits 4 den Geist ausgeröchelt haben.
Wir bauen noch schnell eine lange Übersetzung ein und , und dann kommt der Regen. Einige rüsten hektisch auf Regenreifen um und speien, als kurz vor dem Start alles wieder trocken ist: Aber es wird uns nichts nützen...
Super Start, wir demütigen drei Kollegen bis zur ersten Kurve, dann beginnt unsere gründliche Hinrichtung, als wir tränennaß einen nach dem anderen am Horizont entschwinden sehen. Ralpf Bohnhorst (Europa- und 5 facher Deutscher Gespannmeister) vernichtet uns entgültig, als er uns zum zweiten Mal überrundet : "I´m a looser baby, so why don`t You kill me...träller...".
"Ich werde ihm die Kerzen stehlen, die Luft ablassen, seinen Dackel schänden..." zürne ich noch, als wir auf die Wolfskurve zutoben. "Komisch, der Motor ist aus", denke ich , und " was pfeift das Dingens denn nur so?", als ich begreife, daß unser Bremspunkt "40 Meter - x" recht optimistisch gewählt war und die Räder anhaltend um Gnade wimmern. Ich verkralle mich zu Tode erschreckt in der Hebelei und : Irgendwie geht es gut aus.
Die Heckkamera zeigt nachher eine fette Nebelwand verbrannten Gummis und nach Gasmasken wetzende Streckenposten.... Und Norbert ist auch mal kurz aufgewacht.
Zurück im Fahrerlager empfängt uns mein treuloses Weib mit dem obigen Spruch. Ja, nur einer hat uns nicht überholt. Aber auch nur, weil er hinter uns gestartet ist. Dafür sind wir reihenweise überrundet worden. Zweitschlechteste Zeit.
Gnadenlose Olle. "Aber warte" Treulose, "ich weiß, daß Du kitzelige Füßchen hast..."
Der zweite Lauf am Sonntag, das König Gespann ist mal wieder hin, die Bodenwellen haben Uwe´s Rahmen zerbröselt, das Feld ist gelichtet. Unsere Kupplung haben wir nochmal gerichtet, aber es läuft schlecht. Die Gänge wirken schwammig.
Verschalter ausgerechnet in der Referenzrunde,nun überholt uns auch der Letzte. Zeit hin, Lauf im Eimer...
Wir wechseln die Positionen, das macht Spaß, bis wir uns etwas absetzen können, werden wieder massiv überrundet.
Dann in der Bergaufpassage am Steinbruch diese Riesenwolke vor uns. Es sieht schlimm aus, hoffentlich ist keiner von der Strecke in den Acker geflogen... Obeb ein paar Metallsplitter, eine Wasser-/Ölspur, aber kein Unfall. In der Spitzkehre steht Enrico. geplatzter Motor, neben der Linie ausgerollt, gut gemacht! Die Linie blieb sauber.
Die Zielflagge erlöst uns. Nur Bohnhorst und wir sehen in unserer Gruppe die Flagge, nachdem ein weiterer Zweitakter den langen Vollgaspassagen geopfert wurde und seine Kolben gefressen hatte.
"Warum wart Ihr heute so langsam", so die meistgestellte Frage an uns. "Wir waren nicht langsam, es gab nur zu wenig Kurven", so die Antwort. Uns fehlen einfach 500 cm³ zu den 1000er BMW´s .
Und das wird Frau Kaimann büßen. Wegen des Spruches, klar oder?
Zum versöhnlichen Ausgang:
Über die Speedwertung breite ich mal gnädig den Mantel des Schweigens. In der Gleichmäßigkeitswertung aber erreichen wir einen ersten und einen zweiten Platz. In der Addition der Läufe ergibt das Platz 1 in Frohburg in unserer Gruppe und einen netten Pokal.
Und 45 Meisterschaftspunkte. Wir sind damit auf Platz drei der Jahreswertung unser Gruppe der 500er GP Gespanne vorgerückt. Und damit sind wir mehr als zufrieden: Von 9 Läufen haben wir an vieren nicht teilgeneommen, sind dreimal Erste und einmal Zweite geworden. Und einmal ausgefallen.
Und im nächsten Jahr wird sowieso alles besser (wenn Norbert noch ein wenig abnimmt, um meine Gewichtszunahme auszugleichen...)
Mit vollgefressenen Grüßen
Kaimann
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