Hallo Forumfreunde,
nachfolgend ein Reisebericht von einer schönen Tour.
Am 25.5. war es endlich soweit. Nach 15-monatiger (!) Vorbereitung sollte es nun endlich losgehen. Unsere Motorradreise nach Andalusien.
Eigentlich sollte unser Ziel zunächst Marrakesch, später Teneriffa sein, aber aus Zeit- und Kostengründen wählten wir dann Sevilla als Ziel, weil wir beide auch schon mal gemeinsam dort waren und es uns dort gut gefallen hat.
Wir, das sind mein Freund Ralf und ich. Er mit seiner 1200er Bandit, ich mit meiner W650.
Klingt zunächst nach einem ungewöhnlichen Gespann, da seine Bandit mehr als doppelt soviel Leistung auf die Strasse bringt wie meine W. Da wir uns aber einig waren, dass unser Reisetempo um die 120 km/h liegen soll, passte das schon.
(Ich bin der mit der blauen Jacke)
Der hier (Hein, der große Navigator) wird auch öfter mal sein Senf dazu geben. Er wollte unbedingt mit und ließ sich auch einfach nicht abweisen. Da er aber leider auch leicht seekrank wird und überhaupt nicht trinkfest ist, sagten wir uns: soll er doch seinen Willen bekommen. Er wird schon sehen, was er davon hat.
Unsere Möglichkeiten, Gepäck an den Maschinen anzubringen, waren recht begrenzt, was natürlich eine sofortige Aufrüstung erforderlich machte. Textil- oder Ledertaschen boten uns nicht genug Platz, bzw. Regenschutz, so entschieden wir uns beide für die 45L-Koffer von Hepco & Becker, was zwar etwas teurer war, aber sich später noch bezahlt machen würde.
Obendrauf noch eine Rolle und ein Tankrucksack und fertig war die Laube.
Technisch war allerdings auch noch so einiges fällig. Bremsen, Reifen, Windschutzscheibe, Öl etc. Beim Reifenwechsel bekam ich zwei Wochen vor dem geplanten Abfahrtstermin mein Hinterrad mit einer verbogenen Speiche zurück, was sich erst nach dem Einbau durch heftige Pendelbewegungen bei eben 120 km/h bemerkbar machte. Zum Glück fand ich noch eine Werkstatt, die mir die Hinterradnabe schnell und ordentlich zentrierte. Allerdings war ich mit der extra beschafften Windschutzscheibe (Puig up&down) nicht sehr zufrieden. Nach dem Austesten von verschiedenen Anstellwinkeln baute ich das Teil wieder ab, weil es zwar den Winddruck sehr gut wegnahm, aber nur Unruhe ins Fahrwerk brachte.
Mit der Ausrüstung nun voll auf der Höhe, geputzt und poliert, konnten wir nun unsere Route absprechen.
Übernachten wollten wir in Hotels, die wir uns am Abend dann suchen. Unter Einfluss von etlichen Bier und einigen 103 hatten wir dann aber noch die Idee, ein Zelt mitzunehmen, was wir dann ‚unten am Fluss’ aufbauen, um am Lagerfeuer unsere selbstgejagten Forellen zu grillen (Männerromantik, pff…). Ralfs Frau Suse trieb uns das umgehend wieder aus. Danke Suse.
Unser Hinweg sollte über die Autobahn bis Mühlhausen, weiter über Besancon bis Chalon-sur-Saone führen, wo wir dann über kleine Strassen zur Autobahn Paris – Barcelona wechseln wollten. Zweck dieses Umweges war die Überfahrt über das viaduc de Millau, die höchste Autobahnbrücke der Welt (
http://www.leviaducdemillau.com). Die Überfahrt kostet € 6,50 Maut, aber die Autobahn davor und dahinter ist zu weiten Teilen gebührenfrei.
Weiter sollte es gehen über Perpignan, Barcelona, Valencia, Almeria, Abstecher durch die Sierra Nevada nach Granada, Malaga, Gibraltar, Cádiz nach Sevilla. Dort eine Woche Hotel. Anschl. Zurück in Richtung Biscaya, durchs Baskenland, Bordeaux, Poitiers, Reims, durch Belgien, über Aachen zurück nach Hannover. Laut Routenplaner kamen wir so auf ca. 5.700 km. Das klang locker machbar in drei Wochen.
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Die Karte von einem bekannten Anbieter von Kartenmaterial habe ich an dieser Stelle mal vorsichtshalber entfernt. Will mich ja nicht der Urheberrechtsverletzung schuldig machen
Bei Gelegenheit stelle ich eine Unverfänglichere Version ein.
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Nun geht es also endlich los...
Das Wetter in Hannover ist prächtig, und wir beschließen, vor dem Losfahren noch einen kleinen Imbiss vor der Garage zu nehmen.
Dann aber wirklich:
Schön, dass in Hannover das Wetter so schön ist. Kurz hinter Göttingen ist es das nicht mehr.
Also Gummipelle an.
Und leider erst in Besancon wieder ausgezogen.
Das Hotel dort ist eher einfach
Das war also die erste Etappe. Ging ja eigentlich, trotz des Regens. Weil es in Hannover am frühen Morgen noch ziemlich maikühl war, hatte ich unter der Textilsommerhose noch meine lange Unnerbüx aus BW-Zeiten. Ohne die wäre es zu kalt geworden. Unter dieser langen U-Hose hatte ich noch eine gepolsterte Radlerhose, was meinem Hintern wunderbar bekam (hier jetzt kein Bild).
Nächsten Morgen sind wir dann im Regen gestartet. Die Wetteraussichten für das französische Zentralmassiv waren mehr als bescheiden, weshalb wir den Umweg über die Brücke von Millau kurzerhand strichen und über Lyon, Avignon und Montpellier Richtung Perpignan weiterfuhren. Schauen wir uns eben Pond du Gard bei Avignon an. Auch eine schöne Brücke.
Die französischen Moppedfahrer sind echte Höllenpiloten. Wenn der Verkehr auf der Bahn oder sonst wo mal stockt, wird erstmal am Quirl gedreht und rechts-links-rechts-links zwischen den fahrenden Fahrzeugen durchgeschlängelt und dabei noch locker mit dem rechten ausgestreckten Bein gegrüßt. Ich empfehle jedem dringend, auf französischen Autobahnen im Rückspiegel auf herannahende Motorräder zu achten.
In Lyon übersah ich leider das Schild in Richtung Autobahntunnel, was uns eine halsbrecherische Stadtumrundung während eines Wolkenbruches einbrachte (auch hier aus nachvollziehbaren gründen kein Bild).
Die Weiterfahrt Richtung Perpignan auf der Autoroute du soleil verlief unspektakulär. Erwähnenswert höchstens, dass auch Pond du Gard ins Wasser fiel.
Die Unterkunft bei Perpignan war allerdings wieder ein highlight. Auf Empfehlung meines Schwagers hatte ich bei
http://www.bikers-paradise.de eine Unterkunft mit gemeinsamem Abendessen in einem Hotel in den Pyrenäen reserviert. Traumhafte Lage und fast familiäre Betreuung durch die Besitzer. Viel zu schade für nur eine Nacht.
Nach einer durchgewitterten Nacht morgens mit Blick auf die schneebedeckten Gipfel aufgewacht. Hmm, evtl. über Andorra nach Spanien fahren? Der Chef des Hauses riet uns mehr oder weniger davon ab. Die Pässe liegen bis 2.000 m hoch und das sei doch eine andere Güteklasse bei diesem unbeständigen Wetter.
Also weiter Richtung Autobahn, natürlich wieder in Regenkombi. Bis Barcelona wieder nur andauernder Starkregen. Die Schuhe und Handschuhe waren sowieso noch klitschnass von gestern. Bis zum nächsten Etappenziel bei Denia sollten sie nur unzureichend wieder trocknen.
Wenigstens gab es hier am Abend leckere gegrillte Sardinen für € 4,50, was schon ein wenig Spanien-feeling aufkommen ließ.
Der dritte Tag begann so ganz anders als die ersten Beiden. Die Sonne schien und es versprach, warm zu werden. Wir konnten ohne Regenkleidung starten und blieben auf kleinen Strassen parallel der gebührenpflichtigen Autobahnen. Ein kleiner Abstecher durch die Berge mit schönen Strecken und Dörfern machte Lust auf mehr, aber so würden wir natürlich nie nach Andalusien kommen. Also wieder drauf auf die Piste, vorbei an Benidorm. Ein ganz furchtbarer Ort. Sieht von weitem aus wie Downtown Sao Paulo. Die Regenkombi mussten wir natürlich irgendwann wieder anziehen, aber als größeres Problem erwies sich der starke Wind in der Gegend von Almeria. Man hatte ständig das Gefühl, als würde ein riesiger, unsichtbarer Fuß gegen das Vorderrad treten. Die Küstenautobahn ist wirklich schön zu fahren, aber dadurch wurde es uns etwas verleidet, weshalb wir bei Adra die Piste verließen und Richtung Sierra Nevada abbogen. Schlagartig war es windstill und auf verlassenen Strassen konnten wir mal so richtig Kurven schlenkern. Leider hielt das auch nicht unendlich an, sondern wir gerieten auf eine alte, schmale und löchrige Piste, die sich dann irgendwann vollständig auflöste und wir uns mitten in einer Strassenbaustelle in den Bergen wiederfanden.
Ralf haderte hier etwas mit seinen Reifen, aber meine TTs waren hier total in ihrem Element. Während er grummelte, machte es mir immer mehr Spaß.
Am Abend waren wir dann in Granada, wo wir schon ein Hotel reserviert hatten. Gefunden haben wir das Hotel auch relativ schnell, aber da es keine Abstellmöglichkeit für unsere Kräder gab, wollten wir nur mal schnell um den Block fahren. Großer Fehler in Granada.
Schließlich mussten wir sogar in einer Apotheke nach dem Rückweg zu unserem Hotel fragen.
Nach absichtlichem Falschfahren in Einbahnstrassen, Überfahren von Stopschildern, durchgezogenen Linien und roten Ampeln waren wir nach einer halben Stunde wieder da. Auch der große Navigator war wieder eine grosse Hilfe mit seinem Spezialwissen über Koppelnavigation. Der alte Seebär...
Im Patio unseres Hotels, einem alten Kloster, steht ein Baum mit Appelsinen und Zitronen dran. Will uns hier wer veräppeln?
Schnell abladen, duschen und dann aufn Zwutsch.
Weil Granada eben doch etwas mehr zu bieten hat, blieben wir noch einen Tag. Ein Besuch der Alhambra ist in jedem Fall empfehlenswert. Der Besuch dort kostete meine Kamera zwar fast das Leben, aber es hat sich gelohnt (Eintritt € 12.-). Am Abend mit dem Taxi auf den der Alhambra gegenüberliegenden Hügel Albaicin, von dem aus man in der untergehenden Sonne einen tollen Blick auf die Alhambra hätte, wenn sie denn geschienen hätte. Sonst ist dort eine Stimmung vergleichbar mit den Treppen vor Sacre Coeur in Paris. Künstler, Lebenskünstler und Touristen bestimmen das Bild. Aber so wetterfest ist diese Klientel wohl nicht, und so verziehen wir uns auch bei den ersten Regentropfen in eine Bodega. Der knuffige Wirt wackelt zwar sehr bedenklich mit dem Hintern, aber die Atmosphäre und das Essen in der Bar sind klasse.
Nächsten Morgen geht es dann wieder erst einmal ohne Regenzeug los. Aber es geht zunächst in die Berge, wo schon die dunklen Wolken auf uns warten. Aber es kamen nur ein paar Tropfen runter und während der ca. 30 km langen Abfahrt Richtung Málaga wurde es sehr schnell wieder sehr warm. Das sollte sich aber auf der weitern Fahrt in Richtung Gibraltar und Tarifa wieder grundlegend ändern. Konnte man von Gibraltar die afrikanische Küste noch sehen, so war sie am südlicheren Punkt in Tarifa nur noch zu erahnen. Es ist ja eigentlich das europäische „Südkapp“ aber vom Wetter her war es eher wie am Nordkapp.
Trotzdem waren wir schon bannig stolz, es bis hierhin geschafft zu haben.
Nach einer kleinen Mahlzeit in Tarifa zur Überbrückung eines Schauers (wie wir dachten), fuhren wir ohne Regenkleidung nur noch quasi üme Ecke zu unserem letzten Etappenziel der Hinreise, nach Zahara de los Atunes, einem verschlafenen Badeort an der Atlantikküste in der Nähe von Kap Trafalgar. „Die paar Kilometer wird es schon noch gut gehen mit dem Wetter“. Aber Pustekuchen. Nach ein paar Kilometern ist die Sommerkleidung durch.
Dafür entschädigten wieder das Hotel und das Abendessen.
So, jetzt nur noch die letzten Kilometer bis Sevilla. Etwas an der Atlantikküste entlang, ein paar Autobahnkilometer und etwas Landstrasse, dann sind wir da.
Die neun Tage in Sevilla verbringen wir mit unseren Frauen, die mit dem Flugzeug angereist sind. Ralfs Frau Suse ist schon seit einer Woche da und hat einen Spanisch-Kurs absolviert.
Meine Uschi trifft heute nachmittag ein.
Hi, ich bin Suse...
Und ich Uschi...
Kaum am Hotel eingetroffen, werde ich auch schon fotografiert.
Jetzt aber erstmal ein Bier und einen Brandy.
Hier mal zum Appetitanregen ein Gläschen für € 1,50
Wenn Ihr jetzt denkt, wir würden immer nur an Alkohol denken, dann habt Ihr durchaus recht.
Aus diesem Grunde hülle ich über die Ereignisse in dieser Woche in Sevilla mal den Mantel des Schweigens.
Nein, natürlich haben wir auch etwas Kultur eingebaut. Z.B. kann man in Sevilla den Alcazar besichtigen, auf den Turm der Kathedrale (Giralda) steigen, Stierkampfarena, jüdisches Viertel, EXPO-Gelände und und und…
Alcazar in Sevilla
Stausee in den Bergen
Maurische Burg am Wegesrand
Alte Brücke
No aparcamiento aqui
Hab´ich doch geahnt, hier parken nur Droschken in Ronda
Weiterhin haben wir noch schöne Touren von hier aus unternommen, teils mit Mopped, teils mit unserem einfachen Mietwagen.
Gut, dass wir den großen Navigator dabei hatten. Der konnte uns immer den richtigen Weg weisen.
Auf dem Weg zum Atlantikstrand von Matalascanas kommt man in El Rocío vorbei, wo sich zu Pfingsten Tausende von Reitern treffen. Aber auch zu anderen Zeiten ist diese kleine Westernstadt einen Besuch wert.
Etwas nördlich von El Rocío befindet sich östlich der Nationalstrasse ein neues Solarkraftwerk, auf dessen zwei Betontürme das Sonnenlicht mittels vieler Spiegel fokussiert wird. Noch aus –zig Kilometern Entfernung wirkt dieses seltsame Licht wie das eines Ufos.
Am 9.6. war unser Sevilla-Urlaub zu ende und es ging wieder auf die Bahn. Losgefahren sind wir bei ca. 30 Grad am Vormittag mit entsprechend leichter Kleidung. 90 km weiter nördlich mussten wir anhalten um uns umzuziehen und mit einem Kaffee wieder aufzuwärmen. Die Großwetterlage mit Tief über Nordspanien / Südfrankreich hatte uns wieder. In Sevilla fiel während der zehn Tage kein einziger Regentropfen und die Temperaturen lagen bei bis zu 38 Grad. Das war nun vorbei. Außerdem machte sich ein furchtbarer Gegenwind bemerkbar, gegen den ich in Regenkombi (wieder mal) und bergauf die W nur noch auf 110 bis 120 treiben konnte, woraufhin sie beleidigt das Saufen anfing. Nach 180 Km auf Reserve. Negativrekord.
Während einer Rauchpause schwang plötzlich das Garagentor auf, vor dem wir standen und wir rieben uns ungläubig die Augen. Die ganze Halle hinter dem Tor hing voller leckerster Schinken, darunter jede Menge wertvoller Pata Negra. So ein Schinken kann schnell mal € 250.- kosten.
Am liebsten hätten wir einen mitgenommen.
Kurz vor Burgos hatte ich dann vom Gegenwind die Schnauze voll und wir nahmen gleich das nächstbeste Hotel neben der Tanke. Leider konnte ich trotz Spanisch-Grundkenntnissen die Hoteltante nicht im Mindesten verstehen, worauf wir erstmal die Landkarte aufschlugen, ob wir denn schon im Baskenland seien. Unser Zimmer und ein leckeres Abendessen bekamen wir aber trotzdem.
Der nächste Tag führte uns dann tatsächlich vorbei an Bilbao ins Baskenland. Leider haben wir hier wegen des Wetters kaum mal angehalten, um Bilder zu machen. Die Landschaft ist einfach grandios und hat auch bei schlechtem Wetter ihren Reiz. Auch hier haben wir mal wieder die Autobahn verlassen, um eine kleine Tour durch die Berge zu machen. Wenn tatsächlich mal ein Auto kam, war es meist ein Einheimischer, den wir dann vorbeiließen, um gemütlich weiter zu bummeln.
Gewundert haben wir uns während dieser beiden Tage schon, weshalb wir keine LKWs sehen.
Als wir dann hinter San Sebastian zur französischen Grenze kamen, wussten wir, wo die alle geblieben waren. Kilometerweit vor der Grenze fing es an. Standstreifen und rechte Fahrbahn stand ein LKW hinter dem anderen. Eine eindrucksvolle Demonstration spanischer und französischer Trucker gegen die hohen Spritpreise. Nach der Einreise nach Frankreich das gleiche Bild auf der anderen Seite. Einen Tag später war die Grenze dicht. Schwein gehabt.
Leider habe ich von dieser LKW-Demo kein Bild, aber vielleicht habt Ihr es in den Nachrichten verfolgt.
Eigentlich wollten wir einen Abstecher zu den französischen Badeorten an der Atlantikküste machen, aber der Himmel drohte mit weiterem Regen. So verwarfen wir den Plan und fuhren schön in der Regenkombi schwitzend bei nun plötzlich strahlendem Sonnenschein daran vorbei.
Da es nun grade später Nachmittag war und wir den Feierabendverkehr in und um Bordeaux fürchteten, beschlossen wir, die Nationalstrasse kurz vor dem Autobahnring zu verlassen und die Stadt östlich zu umkurven. Die Karte zeigte ein paar grün markierte Strassen entlang der Garonne, was im warmen Sonnenlicht einige schöne Eindrücke versprach. Leider sind in diesem Bereich die Brücken nicht so dicht gesät, so dass wir noch zu einem weiten wenn auch schönem Umweg gezwungen waren. In dieser Zeit hätten wir die Stadt auf dem Autobahnring vermutlich zweimal umrundet. Trotz Stau.
Die nächste Nacht verbrachten wir in einem Dorfhotel nahe der N10 hinter Bordeaux.
Da aus unerfindlichen Gründen der Riesenfernseher im Gastraum nur nervtötendes Werbezeugs zeigte, zogen wir uns mit einigen Pelfort bewaffnet zum EM-Spiel schauen aufs Zimmer zurück.
Vorsicht Hein, das ist kein Malzbier!
Was habe ich Dir gesagt?
Hinter Angouleme (wie kriege ich eigentlich das circonflexe über das e?) verließen wir die N10, um wieder auf den kleinen Sträßchen durch die Landschaft zu schiggern. In den Dörfern, die wir dabei so durchfahren, kommt ganz bestimmt kein Stress auf. Hier müssen wir mal anhalten und ein Käffchen nehmen.
Und hier wollen wir mal was essen
Das hier:
Der Straßenbelag ist wie Sandpapier. Es macht mir wieder richtig Spaß.
Ralf irgendwie wieder nicht so.
Nachdem wir uns in Tour erst einmal orientieren mussten, wo es weitergeht, fahren wir entlang der Loire vorbei an Schlössern und malerischen Dörfern. Ralf, der die die Strecke von früheren Urlauben am Atlantik kennt, erzählt, dass dies noch der weniger schöne Teil der Loire sei. Ich bin auch so beeindruckt.
In der Nähe von Blois finden wir dann wieder ein nettes Relais, wo wir unser Haupt betten können. Aber heute ist ja wieder ein EM-Spiel, welches wir noch sehen wollen. Die Franzosen haben es aber wohl nicht so mit dem Fußball. Die Bar nebenan, in der das Spiel bereits läuft, macht um neun zu (?!?) und das Restaurant, in dem wir zu Abend aßen, hatte ein Problem damit, uns Flaschenbier (Drittelliter Heineken für € 3.-) auf den Weg mitzugeben.
Das war uns dann doch etwas zu verträumt.
Aber morgen, wenn Deutschland gegen Kroatien spielt, sind wir ja in Belgien. Da gibt es auf jeden Fall Bier. Wäre doch gelacht.
Hatte ich es erwähnt? Ein Tag ohne Regenkombi!
Am Donnerstagmorgen auf Landstraßen, Orléans weit umgehend, weiter über Troyes Richtung Chalon-en-Champagne, wo uns der Guß des Tages erwartet. Wieder alles durch.
Wir beschließen, so weit wie möglich Richtung belgischer Grenze zu fahren und ab 17 Uhr ein Hotel zu suchen, weil um 18 Uhr das Spiel beginnt. Vorbei geht es an Schlachtfeldern, Denkmälern und riesigen Friedhöfen des Ersten Weltkrieges. Man kriegt richtig Beklemmungen, wenn man diese riesigen Gräberfelder sieht.
Leider schaffen wir es nicht ganz bis Belgien in diesem Regen. In einem kleinen Ort finden wir ein Hotel, in dessen Gaststube ein Fernseher läuft und in der Küche offenbar gearbeitet wird. Schnell die Sachen zum Trocknen aufgehängt und ohne Dusche schnell zum Essen runter. Enttäuschung Nummer eins: Im TV läuft nur Pferdesport. Offenbar sind die Männer am Tresen allesamt Pferdewetter. Enttäuschung Nummer zwei: Das Essen. Statt einer Karte gibt es gleich für beide einen Teller mit 0815-Wurstaufschnitt und Baguette. Nächster Gang Pommes mit Putenformfleisch, kalt. Als Nachtisch erwarten wir ein Wurst-Sorbet o.ä., es kommt ein kleiner Eisbecher. Enttäuschung Nummer drei: Nachdem Ralf den Wirt überzeugt hatte, auf Fußball umzuschalten (!), verfolgten wir das hinlänglich bekannte Kroatien-Desaster der deutschen EM-Equipe.
Egal, den ganzen Tagesfrust mit ein paar Bieren runtergespült und schlafen gelegt.
In der Nacht war das Thermometer vor dem Hotel auf angebliche 4 Grad abgesackt, was wir so nicht glauben wollten, aber recht frisch war es trotzdem am nächsten Morgen.
Letzte Etappe Richtung Heimat.
Zunächst fahren wir bei Sonnenschein hoch in Richtung Ardennen. Entlang der Meuse geht es durch wunderschöne Täler und Schluchten. Kurz vor der belgischen Grenze fängt es aber grade wieder an zu tröppeln und wir halten an, um bei einem Kaffee abzuwarten.
So geraten wir in diesen knuffigen Laden, wo wir gleich von einem netten Gast eingeladen werden.
Eigentlich wollten wir noch weiter durch die Ardennen fahren, doch der Verkehr durch das Meusetal hatte stark zugenommen und das Wetter wurde auch nicht besser, so nahmen wir ab Namur wieder die Autobahn Richtung Lüttich / Aachen.
Bei Düsseldorf erwischten wir dann eine falsche Ausfahrt, was uns die einzigen Staus der gesamten Tour einbrachte.
Irgendwie war ich auf dieser letzten Etappe etwas angefressen. War es, weil wir uns verfahren hatten, oder weil auf der BAB wieder wie blödsinnig gefahren wurde? Wie entspannt konnte man doch in Frankreich und Spanien die Bahn entlang tuckern (träum).
Auf jeden Fall war ich ganz bei der Sache, als wir in Hannover-Stöcken die BAB verließen. Irgendwie war auch die Einfädelungsspur plötzlich gar keine mehr, sondern ein Stopschild tauchte unvermittelt auf. Bremsen und langlegen waren eins in der nassen Einmündung. So’n Scheiß! Da fährt man fast 7.000 km unter widrigsten Umständen ohne auch nur einmal zu rutschen, und vor der Haustür macht man sich bei Schritttempo aufs Mett!
Bin aber gleich wieder aufgestanden und hab Bestandsaufnahme gemacht. Ralf und ein hilfsbereiter Autofahrer kommen sofort zu Hilfe. Alles noch dran? Ja! Nix gebrochen? Nein! Was ist an der Maschine? Nix! Hä? Nix? Der rechte Koffer hat einen bierdeckelgroßen Kratzer, der Bremshebel ist minimal abgeschrammt, kleine Delle im Auspuff, der Lenker ist grade.
Auch meine Regenkombi ist nur ein wenig zerkratzt. Ich kann sofort weiterfahren. Ein wenig erschrocken bin ich schon. Aber noch mehr bin ich verärgert. So richtig klar ist mir das noch nicht, wie viel Schwein ich gehabt habe.
Zu haus warten an der Garage schon alle Lieben auf uns bei Bier, 103 und leckeren Häppchen.
Ich nehme alles schnell zu mir und bin bald wieder runter von meinem Ärger.
Über die gefahrenen Kilometer gibt es etwas Unklarheit. Offenbar weichen unsere Kilometerzähler doch sehr stark voneinander ab. Wenn ich die komplette Strecke, so wie ich mich erinnere, bei google.maps eingebe, kommen etwa 6.700 km bei raus.
Auf dieser Strecke haben wir 32 Tankstops gemacht, bei der meine W immer so zwischen 10 und 12 Litern nahm. Der Spritpreis lag Anfang Juni in Deutschland, Frankreich und Belgien bei ca. 1,50, in Spanien bei etwa 1,25 Euro. Ein knapper Liter Motoröl war auch noch nötig, was mir eigentlich recht wenig erscheint. Der Spritverbrauch variierte sehr stark nach Situation. Bis 120 km/h auf der Autobahn waren so 5 bis 5,5 l normal, bei starkem Gegenwind auch mal bis 6,7 l. Beim Zockeln über die Landstrassen (100 – 110 km/h) zeigte sich die W mit 4,2 – 4,5 l äußerst genügsam. Und über die Zuverlässigkeit erübrigt sich in diesem Forum wohl jedes Wort.
Etwas bedenklich stimmte mich allenfalls der gelegentliche Blick auf das Ölthermometer, wo der Zeiger schon mal leicht in den roten Bereich abdriftete, welcher bei 120 Grad anfängt.
Das Zahlen der Maut erwies sich nicht nur als ärgerlich, sondern mit klammen Fingern und in Regenkombi auch als äußerst lästig. Ein kleines Fach im Tankrucksack zum schnellen Ablegen von Tickets oder dem Wechselgeld wäre sehr hilfreich gewesen. So musste ich immer mit klammen Fingern in der Beintasche meiner Regenkombi herumwühlen und nach Scheinen und Münzen suchen. Mindestens ein Zehner ist mir so auch abhanden gekommen. Angeblich akzeptieren die Mautstationen jetzt auch wieder VISA-Kreditkarten, aber zum Ausprobieren fehlte mir der Schneid. Musste ich doch zweimal wieder aus der Kassengasse herausschieben, weil ich falsch stand. Der Zorn der hinter mir stehenden war mir gewiß. Aufzeichnungen über die Höhe der Gebühren habe ich leider nicht, aber es dürften auf der Hinfahrt bis Sevilla etwa € 70.- bis 80.- geworden sein. Auf der Rückfahrt haben wir gebührenpflichtige Straßen gemieden und wurden nur an der spanisch-französischen Grenze mit € 1,90 zwangsabgezockt.
Mit dem Schietwetter, das wir fast während der gesamten Fahrzeit hatten, musste man zu dieser Jahreszeit nicht unbedingt rechnen, aber es hätte uns auch noch viel schlimmer treffen können, wie wir in den abendlichen Nachrichten immer wieder sehen konnten.
Wo wir gestern noch waren, wurden heute Autos fortgespült und Ernten vernichtet.
Wenigstens wird Spanien in diesem Jahr keine Wasserknappheit leiden.
Ich würde eine so weite Tour wieder machen. Vielleicht aber dann mit kürzeren Etappen und mehr Landstrassen. Denn viel Zeit muß man sich nehmen.
Eine schöne Inspiration für Touren in und durch Spanien war das Buch „Spanien, die schönsten Motorradrouten“ von Michael Engelke, erschienen bei Bruckmann.
Hoffentlich habe ich Euch mit meiner Tourbeschreibung nicht gelangweilt. Ich habe noch so viele Bilder, die ich hier gerne eingestellt hätte, aber das hätte jeden Rahmen gesprengt.
Es war einfach ein sehr schöner Urlaub für uns vier und das wollen wir mit Euch teilen.
In diesem Sinne
Tschüüss
Andreas aus Hannover
"Von all den Dingen, die ich verloren habe, war mir der Verstand das Wichtigste"
Ozzy Osbourne