Ich mach mal einen extra Fred auf, damit niemand unvorbereitet in die Physikfalle latscht.
Ausgehend von der Diskussion im Rate-Fred bin ich der Frage nachgegangen, wie schnell man mit einem Einrad maximal beschleunigen kann. Nachdem dort die Frage, ob Fahren mit einem "Aussensitzer" überhaupt möglich ist, (hoffentlich) geklärt ist, bleibt immer noch das Problem des Bremsens und des "Überschlags". Da Bremsen physikalisch gesehen symmetrisch zum Beschleunigen ist, ist die maximal erreichbare Beschleunigung gleichzeitig auch die maximale Verzögerung. Ob dabei dann von "Ausrollen lassen" oder "echtem Bremsen" gesprochen werden kann, werden wir ja sehen. Formeln lasse ich weg.
Prinzipiell kann mit einem "Aussensitzer" deutlich kräftiger beschleunigt werden als mit einem "Innensitzer". Damit sind theoretisch sogar Beschleunigungen von über einem g möglich. Populärstes (praktisches) Beispiel ist ein Sporttöff, dessen Vorderrad sich beim vollen Beschleunigen nur wenige Zentimeter über dem Boden befindet. Mit einem Aussensitzer kann man prinzipiell also auch richtig bremsen (wenn mans kann, wohlgemerkt).
Zwar lassen sich mit einem Innensitzer theoretisch auch Beschleunigungen von einem g realisieren, allerdings nur unter Voraussetzungen, die praktisch nicht umsetzbar sind. Gehen wir mal von realistischen Bedingungen aus. Obwohl ich an dieser Stelle eigentlich auf Hilfe angewiesen bin, mach ich mal n Schuss ins Blaue. Wie schwer ist so ein Rad (nur das Rad)? Vielleicht 20 Kilogramm. Radius? 80 Zentimeter. "Unbewegte" Massen (Motor, Rahmen, Sitz, Tank, Lenker, Fahrer) vielleicht 150 Kilogramm. Befindet sich der Schwerpunkt dieser unbewegten Massen beim Innensitzer dann noch relativ nah an der Radachse - zum Beispiel 20 Zentimeter - so erreicht man damit tatsächlich nur eine Beschleunigung von höchstens 20% der Erdbeschleunigung. Von effektivem Bremsen kann hier keine Rede mehr sein. Eher von "Ausrollen lassen" - wie gesagt -, denn der Überschlag droht.
Also: Wenns um Stabilität geht, sind die Innensitzer überlegen, gehts um Beschleunigung (oder Bremsen), dann sinds die Aussensitzer (allerdings nicht die MV Agusta, weil diese die nötigen ergonomischen Voraussetzungen dafür nicht mitbringt).
vergleichst du da nicht äpfel mit birnen, bzw. einrad mit zweirad, oder vorderrad mit hinterrad? die guten werte funktionieren beim aussensitzer doch nur wegen dem langen abstand achse - schwerpunkt. und der geht im stand nur, weil du ja ein zweites stützrad hast. bei deiner überlegung nimmst du das hinderrad zum beschleunigen, und dann hokuspokus das vorderrad zum bremsen. ich nenne sowas zweirad.
also ich glaubte ja auch, dass man mit dem aussenarschrad durch extreme gewichtsverlagerung sachte anfahren und etwas bremsen kann. meine frage im rätzelfred war mehr, nachdem falcone einen augenzeugen (und der hat ja im zweifelsfall immer recht) zitierte, ob im falle innenarschrad nicht die trägheitskraft die möglichen bremskräfte erhöht. will damit sagen bei schwerpunkt über achse trägheit contra beschleunigen und bremsen. schwerpunkt darunter pro, und damit gut möglich?
ich mach mal `ne skizze:
also beides mal beim beschleunigen. links aussenarsch, rechts innenarsch. Sp = schwerpunkt, T = trägkeitskraft oder kinetische energie, G = gewichtskraft, B = beschleunigungs- oder bremskraft (also beim bremsen kräfte umkehren, bis auf gewichtskraft).
bin ich mit dem ganzen sums völlig daneben? klär mich auf! aber wenn mit formeln, so dass ich sie verstehe. physik für dummis bitte.
edit: die skizze wurde unterstützt von einer guten flasche lemberger ohne flecken zu hinterlassen. wenn man so´ne stunde zeitverschiebung geschenkt bekommt, gibt man sich gerne den süchten hin, jetzt ist mir doch wieder die...`zefix...zigarrenasche in die...tastatur...
Zitat von smackmeine frage im rätzelfred war mehr, nachdem falcone einen augenzeugen (und der hat ja im zweifelsfall immer recht) zitierte, ob im falle innenarschrad nicht die trägheitskraft die möglichen bremskräfte erhöht. will damit sagen bei schwerpunkt über achse trägheit contra beschleunigen und bremsen. schwerpunkt darunter pro, und damit gut möglich?
Genau so ist es (Du liegst also genau richtig ). Allerdings gilt das auch für den Aussensitzer. Und bei dem sogar strikt, d. h. max. Beschl. ist bei diesem immer dann möglich, wenn sich der Schwerpunkt der ruhenden Massen möglichst tief über der Fahrbahn vor dem Rad befindet (beim Bremsen entsprechend hinter dem Rad). Ich rede hier wohlgemerkt nicht von praktischer Umsetzbarkeit, sondern von dem, was theoretisch optimal ist und praktisch otimal wäre.
Beim Innensitzer hiesse "möglichst tiefer Schwerpunkt", dass sich dieser (beim Beschleunigen) senkrecht unter der Radachse befindet. In dieser Position liesse sich aber erst gar kein Drehmoment auf das Rad übertragen, und somit würde auch die Trägheitskraft T nicht entstehen. Also brauchts auch hier einen gewissen Auslenkungswinkel, der je nach den physikalisch-geometrischen Eigenschaften des Einrads bis zu 90° betragen kann. (Bei meinem Beispiel oben beträgt dieser Winkel übrigens bereits knapp 80°.)
Der Vergleich des Aussensitzers mit dem Sporttöff hinkt übrigens überhaupt nicht, denn beim Wheelie ist ein Motorrad physikalisch gesehen ein Einrad und beim Stoppie ebenfalls. Diese beiden Fahrzustände mit nur einem Rad zu realisieren ist nicht Aufgabe der Physik.
Daher nochmals: Beim Aussenarschrad sind Beschleunigungen von bis zu einem g nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch möglich.
Hier mal was zum Thema ! diese Dinger wurden anlässlich des Merkel Putin Besuchs in Wiesbaden ausgiebig vor der Tür meines Arbeitgebers getestet... leider haben die uns nicht fahren lassen
Zitat von SerpelDiese beiden Fahrzustände mit nur einem Rad zu realisieren ist nicht Aufgabe der Physik. Daher nochmals: Beim Aussenarschrad sind Beschleunigungen von bis zu einem g nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch möglich.
naja , ohne konkrete einsetzwerte werden wir das beim besagten einrad wohl nie erfahren. ich hab das nochmal durchgezeichnet (mit resultierenden wird das ganze noch anschaulicher), der anstellwinkel bringt wirklich etwas, wobei der bereich zur rolle rückwärts verdammt eng wird.
Zitat von smacknaja , ohne konkrete einsetzwerte werden wir das beim besagten einrad wohl nie erfahren.
Musst Du ins technische Museum gehen und wissenschaftliche Messungen durchführen. Dann ist sogar der Eintritt frei! (Aber Photos nicht vergessen )
Zitat von smackich hab das nochmal durchgezeichnet (mit resultierenden wird das ganze noch anschaulicher), der anstellwinkel bringt wirklich etwas, wobei der bereich zur rolle rückwärts verdammt eng wird.
Hast Du dabei auch die Komponente des Drehmoments berücksichtigt, die zur Erhöhung des Drehimpulses der rotierenden Massen abgezweigt wird?
Gruss Serpel, der das Ganze für jeden beliebigen Datensatz durchnudeln tätä
hab ich was verpaßt? An welchen Fred schließt denn Dein Einradbeitrag nun an?
Wie auch immer, mit so einem Zweispurzweirad bin ich schon mal gefahren. Das geht total komisch. Mein Bruder hat während seines Maschinenbaustudium über die Regelungstechnik solcher labilen Gleichgewichte diplomiert. Da hatte er auch mal kurz so ein Ding (sah allerdings wesentlich primitiver aus). Bei leerer Batterie legt man sich damit ganz verdammt blöd auf die Fresse, wenn man nicht schnell genug abspringt und bei wabbeligem Boden eiert die Steuerung dermaßen . . . . vom "Lenken" gar nicht erst zu reden. Also Technik hin oder her, für mich wär sowas nix.
Bei der Einradbeschleunigung ist ja der Trick, die Maschine in der Schaltpause fallen zu lassen (unvermeidlicherweise) und dann beim Wiedereinsetzen der Leistung genau diesen Fall nach unten als "Schwung" auszunutzen, i.e., durch die Massenmomente des Wiederaufrichtens incl. der Verlagerung des Schwerpunktes nach oben eine höhere Anpreßkraft an den Reifen zu bekommen und so die Verluste aus der Schaltpause wieder wett zu machen. Ich kann das leider nur theoretisch erklären, vormachen kann ich es nicht .
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Ein Einrad zum Treten als Innensitzer würde ich übrigens gerne bauen. Irgendwann klappt das auch noch mal.
Linus hat dieses Einrad gebracht, und eine Frage war, ob man damit überhaupt fahren kann und wenn, ob überhaupt nennenswerte Beschleunigungen oder Verzögerungen damit möglich sind.
Dein Trick bringts genau auf den Punkt. Ist allerdings nur möglich, wenn die Motorleistung ausreicht, das Ding dann in der Position zu halten und auch wieder hochzubringen. Genau das dürfte bei der MV Agusta aber zum Problem werden. (Ausserdem streift man dann mit der Nase am Asphalt lang und fällt vom Stängele )
in anknuepfung an die wheelieerwaehnung vorschlaege zur fahrbarmachung der agusta:
vorschlag 1: fahrer hat helm mit laufrad auf der stirne, also ein stirnrad.
anfahrhaltung: agusta liegt nach vorne, fahrer, liegend auf dem tank, hat stirnrad auf dem asphalt. bei anfahrt hebt sich fahrer a la wheelie in die vorgesehene fahrposition.
bremshaltung: fahrer bringt beine gestreckt nach hinten (siehe joergs horizontale kerze im kalender), veschiebt damit den schwerpunkt derart, dass nun durch ein vorsichtiges vorwaertsbeugen das stirnrad auf den boden gebracht werden kann. das einrad kann daraufhin sicher abgebremst werden.
notbremsung: wie eben, nur aufgrund der kurzen reaktionszeit ohne beinkerze. bei aufsetzen des stirnrades auf den asphalt vorwaertsmoment durch geuebtes biegen des rueckgrats abfedern, bremsvorgang einleiten.
vorschlag 2: fahrer traegt rollschuhe (die alten 60er jahre modelle, die haben aussparung fuer fussrasten) sowie am arsch 7 mm neopren, darueber viel dickes leder und darauf einen dieser suedostasiatischen autositzbezuege mit lauter holzrollen, hier die holzrollen aber durch solche aus metall ersetzt.
anfahrhaltung: agusta steht im winkel von 60 grad nach vorne, fahrerbeine entgegengesetzt in 60 grad, so dass die fluchtlinien A (sitz) zu B (rollschuhe), A (sitz) zu C (punkt auf der strasse in der gedachten verlaengerung durch die radachse) und B zu C ein gleichschenkliges dreieck bilden. anfahren mit rollschuhen auf der strasse, dann aufrichten des fahrzeugs und fuesse auf die rasten.
bremshaltung: fahrer laesst fuesse auf rasten, bewegt hintern bei zunehmender bremsleistung vom sitz nach hinten, noetigenfalls bis auf die strasse, wo die roellchen ein heisslaufen auf dem asphalt verhindern. durch den derart nach hinten verlegten schwerpunkt ist ein abbremsen problemlos moeglich. achtung! durch verlagerung des fahrergewichts auf die strasse ist die tendenz des rads zum blockieren deutlich erhoeht!
In Antwort auf:Noch nie einen richtigen Wheelie gesehen? Von der Physik her (bei stehendem Vorderrad) kein Unterschied zu dieser MV Agusta. Und Bremsen geht genauso wie Beschleunigen - ist von der Physik her ebenfalls kein Unterschied. Also: selbstverständlich kann man damit fahren (wenn mans kann)!
Also das möchte ich sehen ... Bullshit DAS ... jeder der schonmal selbst einen Wheelie probiert hat weiß, das sich der Schwerpunkt beim Beschleunigen vor und nicht hinter dem Antriebsrad befinden muß - um überhaupt zu beschleunigen!!! Andernfalls hat man ein Problem ... ... wie man in diversen Videos auf Youtube ja schon sehen konnte ... http://www.gaskrank.eu/tv/motorrad-fun/m...emacht-1800.htm ... ... Und beim Bremsen verhält es sich genau umgekehrt ... oder hat schon mal jemand einen "Wheelisten" auf dem Hinterrad bremsen sehen? Vielleicht kann man mit diesem "Einrad" ja evtl. wirklich fahren, aber mehr als eine EIERNDE Fortbewegung in ganz bizarrer Haltung* (die ich mir garnicht erst Vorstellen will) dürfte damit auch für Geübte nicht möglich sein?!