Soderle,
die eierlegende Wollmilchsau wird gesucht...
Fangen wir mal mit dem Membranegezeug an: Da ist in meinen Augen nur GoreTex sinnvoll. Nicht weil das Gezeugs hundert Mal atmungsaktiver als Ziegenvötenvorhaut sein soll, sonderen weil es schlicht und einfach die einzige Membranherstellerfirma ist, die den Verarbeitern vorschreibt, wie das Gezeug zu verarbeiten ist. SimphaJunkPoloTexamüll kann "jeder" kaufen und verarbeiten; GoreTex nicht. Wie Klamotten der "großen" 3 zum Teil verabreitet sind, ist grausam (manchmal aber auch für den Preis erstaunlich gut).
Hätten wir also das geklärt.
Jetzt kommt das 2. Übel: Man kann GoreTex grob gesagt auf 3 Varianten verarbeiten:
1. Z-Liner: Membrane hängt locker zwischen Innenhülle und Außenhaut der Jacke/Hose. Vorteil: Billig zu verarbeiten, angenehm weiche Stoffhaptik. Teilweise Membrane entnehmbar (s. u.).
Nachteile: Nicht robust. Irgendwann geben die Nähte bzw. die Verklebungen auf. Kann recht fix gehen. Wesentliches Manko: Ist die Imprägnierung der Außenhülle wech, sufft die Plörre rein und steht zwischen Membrane und Außenhülle. Die Atmungsaktivität ist dann ganz für den Ofen, die Jacke wiegt 10KG mehr und saut im Zelt abgelegt alles schön feucht. Außerdem wird es durch die Verdunstungskälte beim Fahren recht frisch und meist zieht an den Bündchen die Wasserplörre dann noch hübsch im Innenfutter den Ärmel hoch.
Leider sind 99,9% der Kradierjacken Z-Liner, weil der gemeine "Biker" auf den weichen Stoff steht.
2. 2-Lagen-Laminat: Membrane ist innen auf die Außenhülle aufgeklebt: Vorteil: Nicht die Nachteile des Z-Liners.
Nachteil: Gibts kaum für Kradierer, härterer Stoffgriff.
3. 3-Lagen-Laminat: Innefutter, Membrane, Außenhülle werden als 1 Schicht verklebt: Noch robuster als das 2-Lagen-Laminat, aber kaum zu bekommen und harter Stoffgriff. Gibts m. W. von Stadler, aber ohne Protektorentaschen. Die Atmungsaktivität ist etwas schlechter, als bei 2-Lagen-Gezeugs.
2- und 3-Lagenlaminat sind für den Hochsommer schon mal nicht so sinnvoll, aber mit guter U-Wäsche ertragbar. So viel wärmer als im Lederkostüm wird es auch nicht. Aber eben suboptimal.
Jetzt zu Atmungsaktivität: Die funktioniert je nach Hersteller der Membrane von der Nachweislichkeit im Labor bis zur Spürung in der Praxis schon, aber -wie richtig angemerkt- richtig gut nur bei Temperaturgefälle. Basis aller Amtungsaktivität ist aber zwingend, dass keine Baumwollklamotte drunter getragen wird. Baumwolle nimmt den Schweiß auf und gibt ihn nicht mehr her. Aus ist es mit der Atmungsaktivität.
Soweit die Theorie
Praxis: Da das Z-Liner-Gedöns sich eh vollsaugt und ich nasse Jacken mit Seenbildung neben mir im Zelt nicht mag, nutze ich die Wasserdichtigkeit der Jacke nur auf Fahrten zur Arbeit oder Halbtagestouren. Sonst kommt eh ein Regenkondom drüber. Es gibt nix Übleres, als nach einem Tag Regenfahrt am nächsten Morgen in eine klamme Jacke zu hüpfen.
Aber die Membrane bringt einiges an Winddichtigkeit und Isolation, was außerhalb des Sommers ganz angenehm ist. Im Sommer ist das Problem halt genau diese Isolation. Deswegen finde ich Jacken, bei denen ich die Membrane getrennt vom Winterfutter rausnehmen kann, wirklich schlau. Uvex und andere bieten so was zum Teil an.
Das Winterfutter kann man bei fast allen Jacken eigentlich gleich in die Tonne treten. Jeder Fleecpulli isoliert besser und atmungsaktivtechnisch besser, als dies Billigsteppdecken zum Einknüpfen.
Schön finde ich auch Jacken mit Belüftungsreißverschlüssen an Armen und (wichtig) am Rücken. Bei Jacken, deren Membrane nicht rausnehmbar ist, ist das allerdings fast schon Megaunsinn. Da bringen diese Belüftungen fast nix.
Gute Jacken kosten richtig Geld. Eine eierlegende Wollmilchsau in sehr guter haltbarer Verarbeitung gibts eben nicht für 150 €. Gutes Zeug mit haltbaren Reißverschlüssen, dichten Membranen und haltbaren Klettverschlüssen wird man nur im Hochpreisbereich finden. 300 € aufwärts für eine Jacke sind da eine Ausgangsbasis.
Ob die Jacken eine Tasche für einen Rückenprotektor haben oder nicht, ist wurscht. Eigentlich sind alle Protektoren die da reinpassen oben und unten zu kurz. Da ist eine eigene Schildkröte sinnvoller.
Wo wir gerade bei Sicherheit sind: Leder ist und bleibt wohl noch lange das Zeug der Wahl. Unter (echtem) Cordura wirds mit der Abriebfestigkeit bei Kunstoffjacken bitter. Dafür ist die Mehrzahl der Kunstoffjacken aber aus diesem dünnen Mumpitztuch. Aber wichtiges Emblem dran von wegen sturzsichere Nähte; hält halt beim Sturz wenigstens die Naht, wenn schon der Stoff nicht...
Gerade für die Fahrten ohne Regenkombi sollten ALLE Taschen der Jacke dicht sein. Man hat das Mobiltelefon sonst doch wieder in der nicht gedichteten Jackentasche vergessen...
Ich selbst fahre im Sommer Lederzeug und hab mein Regenkondom immer dabei.
Die übrigen an den Sommer angrenzenden Jahreszeiten hab ich eine Textiljacke, die optisch einer Belstaff entspricht oder ich nehm gleich meine Belstaff.
Winter ist wieder ein eigenes Thema. Da ist noch hin, bis wir dazu kommen. Eine übliche Kradierjacke ist für echte Winterfahrten zumindest alleine eh nicht ausreichend.
Bei längeren Touren -auch im Hochsommer- hab ich zuunterst eine sehr dünne lange U-Hose aus Kunstfaster; dito ein solches T-Shirt an. Über das T-Shirt kommt dann je nach Temperatur noch ein langes, dünnes Kunstoffshirt und evtl. noch ein eng anliegender Fleecepulli.
Naggischen Beines in der Hose festkleben tu ich nicht mögen; schweißnasse Baumwoll-T-Shirts sind mir ein Graus.
Der Vorteil des Kunstfaserunterziehgezeugs ist, dass man auf der Haut halbwegs trocken bleibt und nix "klebt". Allerdings ist jeden Abend beim Duschen auf Tour eine Waschung des Zeugs angesagt, wenn man auf Tour Innenräume betreten will oder soziale Kontakte anstehen
Das Zeug trocknet locker über Nacht.
Diese U-Wäsche ist in meinen Augen viel wesentlicher für den Tragekompfort und das Nicht-Schweiß-Erleben als irgendeine KungFu-Membrane.
Olli
Edit sagt, dass der Falcone wieder schneller war...