Nun, wie ein paar wenige wissen, bin ich gar kein richtiger Hesse und Frankfurter, sondern habe in Hannover das Licht der Welt erblickt, 1972, mit 14 Jahren, bin ich dann hier herunter gezogen.
1966 sind wir von Hannover-Stadt in einen Vorort gezogen.
Es dauerte nicht lange und ich lernte Peter kennen, von da an bis zu meinem Umzug ins hessische mein bester Kumpel.
Wir waren ein sehr ungleiches Gespann, Peter war eher zart, spielte Geige und kam aus einem recht vornehmen Haus mit kulturellem Hintergrund, ich war der Arbeitersohn, robust und immer zu Streichen aufgelegt.
Ich war dort gern gesehen, vor allem Peters Mutter mochte mich sehr, wohl weil ich immer lustig war und vor nix Angst hatte, was ihrem Sohn ein wenig abging... Und ich hätte mir eine Mutter gewünscht wie sie eine war, eine hübsche, intelligente und lebenslustige Frau.
Wir zwei jedenfalls zogen uns gegenseitig sehr an, er bewunderte mich, weil ich mit 13 einfach eine alte Schallplatte gegen ein altes Moped tauschte, in einem Eimer Benzin holte und mit dem Ding in den Feldern herumsauste, weil ich immer Unsinn machte und einen Schlag bei den Mädchen hatte (ich war in der Beziehung ein Früh-, er ein Spätentwickler).
Mich interessierte andererseits die Familie, in der musiziert wurde, wo alles voll mit Bildbänden und ähnlichem war, die Bude super geschmackvoll eingerichtet war und das Essen anders war als bei uns daheim.
Er hat Stärke bewiesen, als mein Vater starb (ich war noch keine 11), ich habe mich um ihn gekümmert, als er später von einem Auto überfahren wurde und Monate im Krankenhaus lag.
Wie das so ist verliert man sich aus den Augen, wenn man so weit auseinander wohnt und so habe ich ihn bis ich vielleicht 18 war, ab und zu besucht, wenn ich bei Verwandten in Hannover war, nachdem ich ihn 1981 noch mal besuchte, war Funkstille. Bei diesem, meinem letzten Besuch 1981 musste ich erfahren, dass seine Mutter, diese tolle Frau, an Depressionen erkrankt war und Selbstmord begangen hatte, was mich unglaublich fertig gemacht hat.
Schnitt, 2005
Vor ein paar Wochen bekomme ich eine E-Mail von einem Joachin und er fragt mich, ob ich mich noch an ihn erinnern könne, wir seien früher viel zusammen gewesen und auch zusammen konfirmiert worden. Er war über meine Homepage gestolpert und mich dann kontaktiert.
Ja klar konnte ich mich an ihn erinnern, wir haben seit dem losen Kontakt per Mail und wollen uns auch mal besuchen, warum nicht.
Auf jeden Fall fiel mir, nachdem ich die Mail von Joachim bekommen hatte, schlagartig mein alter Kumpel Peter ein.
Also habe ich seinen Namen bei teleauskunft.de eingegeben.
Es gab ungefähr 20 Leute mit dem gleichen Namen über ganz Deutschland verteil, aber keinen in Hannover oder in der Nähe.
Mir fiel sein Bruder Horst ein und ich wusste noch, dass er ein Geschäft in Hannover betrieb und ihn konnte ich auch schnell im "Telefonbuch" finden.
Also habe ich dort angerufen, Ihr glaubt gar nicht, welche Hemmungen man hat, sich bei jemandem nach so langer Zeit wieder zu melden.
Auf jeden Fall rufe ich dort an und die Frau seines Bruders ist am Apparat, wir kennen uns nicht.
Ich frage, ob ich mal den Horst sprechen kann.
Sie entgegnet, der sei nicht da und ob sie etwas ausrichten könne.
Ich komme auf den Punkt und sage, dass ich eigentlich in Erfahrung bingen wolle, wie es dem Peter gehe.
Sie sagt mir, dem Peter gehe es gut, wieso?
Ich erzähle kurz, wer ich bin und frage dann, wie man den Peter erreichen könne.
Da erzählt mir die gute Frau doch tatsächlich, dass mein alter Freund Peter in Frankfurt wohnt, keine 5 km Luftlinie von mir entfernt.
Ich habe sofort dort angerufen, Anrufbeantworter...
Eine halbe Stunde später ruft er an, er ist es tatsächlich, was haben wir gequatscht am Telefon.
Zwei Tage später habe ich einfach bei ihm geklingelt, mein lieber Schwan, war das schön, wir zwei beide, 33 Jahre älter und wir konnten fast da weitermachen, wo wir aufgehört haben, Klasse Sache.
Zwischendurch noch mal 3 Wochen Funkstille, wieder ein Schicksalsschlag, Peters Vater ist gestorben.
Und gestern steht er bei mir vor der Tür, wir können quatschen wie die Weltmeister.
Wir sind um so viele Jahre älter geworden, aber uns verbinden immer noch die selben Dinge, wir haben (fast) die gleichen Ansichten, wir mögen die gleiche Musik und die gleichen Filme, wir lachen über die gleichen Dinge, es ist so toll, das glaubt Ihr gar nicht...
Das einzige, was uns anstinkt, ist die Tatsache, dass wir 15 Jahre, die der Peter schon in Frankfurt lebt, verschenkt haben, weil wir zu dämlich waren, uns zu suchen und zu finden. Aber es ist ja auch eine Menge passiert in der Zwischenzeit.
Das mit Frankfurt ist folgendermaßen passiert:
Anfang der 80er hat Peter eine Ausbildung zum Heilpraktiker absolviert und ist nach Niederbayern gezogen, um dort zu praktizieren, hat dort eine Frau kennengelernt und ist Vater geworden.
Als das (mit der Frau) auf Dauer nicht klappte, ist er zurück nach Hannover und wusste dort auch nicht recht, was er machen sollte.
Dann ist er nach Frankfurt, weil hier die einzige Uni war, an der er mit über 30 Jahren noch ein Medizinstudium beginnen konnte.
Peter ist heute Arzt und arbeitet beim ärztlichen Notdienst.
Tja und weil ich durch diese Ereignisse sehr aufgewühlt bin und vor Freude darüber, meinen alten Kumpel Peter wieder gefunden zu haben, flennen könnte, dachte ich, ich erzähle Euch diese schöne Geschichte mal.
Chronologische und orthographisch Ungereimtheiten bitte ich zu entschuldigen.
Guude aus Frankfurt
Hans-Peter