Nach einer Nacht auf dem Stilfser Joch rollen wir morgens ins Tal Richtung Bormio. Im Motorraum knallt es, rote Lampen an. Keilriemen gerissen, Mist der wurde gerade vor 2500 Kilometern erneuert. An diesem Riemen hängt auch das Kühlgebläse des luftgekühlten Käferleins.
Bormio, Tankstelle. Ein Kollege hat glücklicherweise einen Ersatzriemen bei, eingebaut, fertig.
Schlimmer hat es da schon den 230 SL erwischt, der hat keine Bremse mehr, weil die Flüssigkeit kocht. Da müssen Bremssättel hängen, statt Gavia nun die flachen Talstraßen für ihn ... . Das 110er Fiat 1100 Pininfarina Cabrio von 1955 fährt eh nur noch auf Batterie, die Lima schwächelt. Die lose 36er Mutter am Karmann Hinterrad ist da eher Pillepalle. Angeballert, Klappern weg. So muß das.
Gestern früh der Rückritt aus Corvara, Dolomiten. Etwa 950 km nach Berlin, also frühen Start geplant, aber bis 8.45 vertrödelt. Es soll vor der Rückreisewelle über den Zirler Berg und München nach Berlin , ja, es sollte.
Kurz vor Zirl der bekannte Knall, Keilriemen 2 ist verglüht.
Ein Freund fährt mich zurück nach Innsbruck, aber keine Tanke weiß noch, was Keilriemen sind geschweige hat welche. Komisch, hingen die nicht noch vor drei Wochen überall???
Mein Handy liegt am Berg im Wagen, ein freundlicher Tankstellenkunde berät uns, es sieht finster aus am Sonntag in Innsbruck. Ich lande beim ÖAMC, dem österreichischen ADAC. Fahrzeugtyp usw notiert, der Fahrer werde sich melden.
Der macht es 30 Minuten später am Telefon kurz : Keilriemen, hö hö, Grüße in die Kreidezeit. Man könne mich verladen und vor der nächste Werkstatt abladen. Die könnten ja Montag mal was bestellen.
Ich jaule noch etwas, da empfiehlt er mir einen Pannendienst in Zirl.
Dort ist leider der Pannenmann auf Freizeittour, seine Frau ist genervt, wimmelt ab.
Ich versuche es mit einem langen Schnürsenkel aus einem Turnschuh, der sofort höhnisch grinsend abreißt.
Ein Tag Innsbruck? Würg.
Derweilen hält mein Kollege ein altes Alfa Cabrio mit zwei Damen an, die zunächst mißtrauisch sind und die wir nach käferfahrenden Oldtimerkollegen der Region befragen. Das Mißtrauen schwindet, sie telefonieren. Der Angerufene könne helfen und habe viele Keilriemen auf Lager.
Wir fahren ihnen 20 Kilometer nach in Richtung Brenner.
Die Riemen liegen schon vor der Halle in der Sonne. Der 1930 er 3 Liter Sunbeam Supersport steht unter der Bühne mit dem Bentley, weitere britische Schätze im Halbdunkel.
Schnell sind zwei Riemen gefunden, die dem Original nahekommen. Einer 6 mm kürzer, einer etwas länger, dafür dicker. New old stock, er will nichts dafür, so wird die Kaffeekasse gefüllt. Besichtigung der Hallenschätze, der Sunbeam ist prachtvoll patiniert in racing green, brüllt beeindruckend und soll eben zur Ennstal Classic. In der Werkstatt Fotos von Winterrallys im offenen Sunbeam in Eis und Schnee, beeindruckend.
Auf der nächsten Tour über den alten Brenner werde ich dort wieder stoppen.
Eine Stunde später sind beide Riemen getestet, die Riemenscheiben so verstellt, das es eben vertretbar ist, doch ist die Riemenspannung sehr hoch. Beide Riemen sind noch Old School, also nicht wie der moderne Zahnriemenmüll, einfaches Keilprofil. Und das hält.
3 Stunden sind weg, nun ist die Paßstraße zugestaut, aber wie !!! Genau wie der Mittlere Ring in München, es ist schon nach 17.00 Uhr. Da hilft auch WM Kicken nichts, was wohl zu der Zeit schon läuft. Die Zeit zerrinnt, seit Zirl fast eine Zusatzstunde verraucht. Ab München dann gestreckter Galopp, der Hof wird um 23.45 erreicht. 15 Stunden, ich bin etwas matt.
Toll daran ist aber, daß es wohl immer eine Lösung gibt, wenn man nur will. Oder?
Mein alter 58er Käfer hatte ja einen bekanntlich "opulenten" Kofferraum (was freute ich mich später über den des NSU 1200), aber ein alter Holzkoffer mit Werkzeugen und diversen "Kleinteilen" musste da auch noch mit rein. Ich bin froh, dass heutige Fahrzeuge - mal angesehen von der Elektronik - deutlich längere Haltbarkeiten aufweisen als unser früherer "Schrott". Keilriemen, Zündkerzen, Unterbrecherkontakte und Zündverteiler, häufige Reifenplatten, auch die Ventile gaben schnell auf. Halleluja, einige Neuerungen und zusätzliche Ausstattungen sind sogar sehr gut, andere wären verzichtbar.
Manfred
PS: Ich hatte die Auspufflöcher nach 3 Jahren vergessen und die Karosseriepest spätestens nach 8 Jahren.
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Zephyr
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gelöscht
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Beiträge:
16.07.2018 17:59
#7 RE: Keilriemen ....wenn einer eine Reise tut....
Ersatzkeilriemen, wenn einer gerade neu ist ! Klar, da kommt man sofort drauf.
Vermutlich fluchtete der Riemen nicht genau.
Zahnriemen / Keilriemen : Die Zahnriemenkonstruktion sieht so aus, das ordentliche Gewebelagen oben eingebaut sind, eben aber nicht dort, wo der Riemen gezahnt ist _________________ VVVVVVVVVVVVVVVV, also an der Spitze der V Zähne (hier von der Seite gesehen). Sicher läuft er so geschmeidiger über die Riemenscheiben, weil er sich in den Radien durch die Zähne besser einfalten kann, als der Keilriemen _________________ _________________ ohne Zähne.
Der gelaufene Keilriemen zeigt Gewebeeinlagen auch in den Riemenflanken, könnte also dadurch reißfester sein.
C4
EstrellaMax
(
gelöscht
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Beiträge:
16.07.2018 19:36
#8 RE: Keilriemen ....wenn einer eine Reise tut....
Zitat von Zephyr im Beitrag #1Ich versuche es mit einem langen Schnürsenkel aus einem Turnschuh, der sofort höhnisch grinsend abreißt.
Früher galt ja der "Geheimtipp" eine Strumpfhose als Keilriemen zu benutzen. (Gab auch mal eine US-Komödie, in der auf einem UBoot voller Mädels der Schiffsdiesel mittels diverser Korsagen am Laufen gehalten wurde.)
Aber bei der heutigen Sommerbekleidung wirst du deiner Holden höchsten einen String-Tanga abluchsen können. Ob der denn hält?
Manfred
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