Allgemeines Forum » Das Ölhahnküken

Was das mit der W zu tun hat?
Rein gar nichts !

Aber maßlos erstaunt hat es mich doch:

Im letzten Herbst sitzen wir Herren Altböcke zusammen und schwadronieren über all die Heldentaten, die es zu tun vielleicht noch nicht zu spät ist. Eichen pflanzen und Helden zeugen, man kennt das.
Da erklärt Z., er habe sich gerade eine Horex gekauft, wolle bei Gelegenheit den Führerschein machen und dann mit dem Ding durch die Alpen höllen!
Ehrfürchtiges Knistern in der Runde.

Nein, wir waren nicht betrunken!
Aber sofort trunken von der Idee .

Schon immer wollte ich die 500er NSU Konsul haben, vor der ich als 16 Jähriger sabbernd gekniet hatte, während ihr Ständer bei sattem Motorbollern beiläufig zwei weiße Striche auf den Parkplatz vor dem Kino vibrierte, in dem gerade Easy Rider lief (leider ohne mich mangels Eintrittsgeld).

Und nun in die Alpen mit donnernden Oldtimermotorrädern. Warum war ich da nicht selber drauf gekommen?

Die Suchanzeige brachte mäßigen Erfolg, meine Konsul im 3er Zustand versprach viel Arbeit. Und wie es so läuft, am Abholtag bietet mir noch jemand ein zerranztes Gespann an, bei dem ich einfach nicht nein sagen konnte. Da waren es zwei, das Fleisch ist schwach , der Geist manchmal auch ...

Die Solo - Konsul läuft, die Restauration auch, seit gestern ist sie nun total zerlegt, der Tank schon beim Chromer.
Nun sollen die guten Lackteile der SoloKonsul in das Gespann wandern, dessen deutlich schlechtere Teile dann neu lackiert werden, zwei Kräder mit einer Klappe gewissermaßen.

Bevor nun aber hin und her geschraubt wird, sollte das Gespann zur Sicherheit erstmal zum Leben erweckt werden. Der erste Benzinhahn bricht gleich freiwillig ab, der zweite gibt nach , wie es sich für den Klügeren eben so gehört. Über soviel Nachsicht kann der Vergaser nur lachen, er ist staubtrocken und überall weißpulvrig zugetrocknet.

Zur Strafe muß er 8 Stunden im Ultraschallbad köcheln, das überzeugt auch ihn schließlich. Noch etwas poliert und schon darf er sich wieder heimelig geborgen an seinen Zylinderkopf schmiegen.

Fehlt noch der zündende Funken.
Batterie dran, Schlüssel rein, nichts geht, nicht ein asthmatischer Funke flammt auf. Nur die Hupe krächzt halbtot.
Das Ladegerät zeigt 3,6 Volt.

Als 6 Volt erreicht sind, strahlt die Kontrolllampe jugendlich angeberisch, es regnet nur so Funken, sektperlige Begeisterung keimt auf:
Vergaser fluten, sollte ich ohne Zündung pumpen? Ach was, Zündung an, mal müde treten:
Schon bellt das Ding.
Gibt´s doch nicht.! Verstohlener Blick, versteckte Kamera?

Nein, erster Tritt nach 5 Jahren Standzeit, welche Freude , sowas habe ich in 45 Jahren Murks am Altmetall noch nie erlebt!!!

Jetzt warmlaufen lassen, das Öl soll ja noch getauscht werden.

Was rasselt das Ding? Der Eimer voller Nägel ist nichts dagegen. Kein Öl?
Öltank auf. Öl ja, aber kein Plätschern aus der Rücklaufleitung. Mist, schnell ausmachen.

Ich erinnere mich daran, die Ölpumpe entlüften zu müssen, wenn der Motor lange gestanden hat. Motor an, Entlüftung auf, kein Öl traut sich ans Licht.
Die Euphorie weicht der Melancholie.
Bedienanleitung, Kapitel Öl, Kapitel entlüften, nichts.

Zufällig komme ich auf die Seite "Startvorbereitungen". Da steht, man solle vor dem Start das "Ölhahnküken" am Öltank öffen (beim Autor piepst es wohl, was gab es denn 1952 so an Drogen in Deutschland ?).

Schließlich finde ich das "Küken" : Ein kleiner , in die Leitung integrierter Sperrhahn, nur mit dem Schraubendreher zu öffnen. Was soll denn das???!!!

Geöffnet, entüftet, der Motor läuft nun sanft und leise, der Ölkreis kreist rund...

Jetzt können die Umbauarbeiten beginnen, dem alpinen Zweitfrühling der Herren Altböcke steht nichts mehr, na sagen wir lieber, steht nicht mehr soooo viel im Wege ...

Modern ist einfacher.

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