Geschockt ließen viele Autofahrer ab vom Bier und mieden ihre Kneipe. Die Bierbrauer kündigten eine Kampagne an, um die Automobilisten über den "relativ niedrigen alkoholischen Prozentsatz des Bieres" aufzuklären.
So trug das neue Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs vorerst nur dazu bei, das motorisierte Volk zu irritieren. Und es provozierte mit seinen verschärften Strafdrohungen eine fatale Umwertung aller Werte: Das Automobil, gepriesenes Vehikel des Wohlstandes, entpuppt sich als ein kriminelles Tatwerkzeug. Der Führerschein. Zertifikat der amtlichen Fahrerlaubnis,nimmt mit seinem standardisierten Konterfei ("ohne Kopfbedeckung im Halbprofil") den Charakter eines Steckbriefes an.
"Ganze Familien ", notierte ein Soziologe," fühlen sich in ihrer Ehre gekränkt, wenn der am Steuer sitzende Vater sich von anderen Fahrzeugen überholen läßt."
Psychologen und Soziologen haben das Dilemma des überforderten Automobilisten längst erkannt. "Wer kann denn schon von sich behaupten", schrieb Professor Gunzert, "daß er stets in der Lage ist, die Vielfalt von Gebots-, Verbots- und Hinweisschildern richtig zu verstehen? Welche gewaltige zusätzliche Belastung bedeutet bei Geschwindigkeitsbegrenzungen die ständige Beobachtung des Tachometers, womöglich noch bei Nachtfahrten."
Die Juristen pinselten damit den bislang letzten Strich an einem Idealbild vom Autofahrer, das einem Supermann-Porträt immer ähnlicher wird. Es zeigt einen Fahrkünstler mit der Nervenstärke eines Seiltänzers, der Besonnenheit eines Professors, der Physis eines Preisboxers und dem Kalkulationsvermögen eines Roboters.