Zitat von The oW
@ Kaiman
Erzähl uns doch mal was über die Gespanneigenschaften von Straßen- und Renngespannen. Sind die überhaupt vergleichbar?
Sie sind artverwandt.
Betrachtet man die Entwicklung, so waren die Renngespanne bis etwa Anfang der 60er seriennah, oft einfach etwas abgespeckt und natürlich stärker. Man saß oben auf dem Rahmen (Sitzergespanne), verkleinerte bestenfalls die Räder. Oft waren die Beiwagen sogar noch abnehmbar.
In den 60ern ging die Tendenz dann zu reinen Rennkonstruktionen, der "Kneeler" wurde erdacht. Zunächst noch mit Rohrrahmen, aber fest verschweißtem Seitenwagen und kleinen Rädern bis zum 10 Zoll Format. Der Clou aber war, daß die Beine des Fahrers nun weit hinter dessen Oberkörper ragten, der Fahrer also nach vorne "übergekippt" knienend fuhr. Dadurch wurde das Ganze sehr flach und strömungsgünstig, allerdings zu Lasten der Bewegungsfreiheit. Der Fahrer kann nicht mehr so "turnen".
Bereits hier trennt sich die Renngespannszene von den Straßengespannen.
Nun werden die Reifen breiter, und zu Beginn der 70er hocken die Beifahrer nur noch hinten im Seitenwagen auf einer Plattform. Das Seitenwagenrad wandert etwas nach vorn, vorne im Boot thront nun der Wasserkühler (die RS Boxer sterben aus). Der Beifahrer kann n un nicht mehr diagonal durch das Boot toben, sondern bleibt stets hinten. Nachteil: Der Fahrer sieht in nicht mehr, Du merkst erst spät, wenn er herausgefallen ist.
Es ist die große Zeit der Zweitakter mit schmalen Drehzahlband und Bärenkräften. Längst kann man die ultraflachen Gespanne (6 cm Bodenfreiheit sind vorgeschrieben) links und rechts driftend um die Kurven fahren, beherzten Gasdreh vorausgesetzt.
Wo das Straßengesdpann wimmernd um die Ecke treibt, driftet das Renngespann fast ferderungslos bretthart brutal um die Kurven. Wehe, ein Rad greift überraschend. Der Grat ist sehr schmal: Steigt der Seitenwagen bei den breiten Slicks, dann kommt er kurz und hart hoch. Reagiere blitzartig oder friß Kies.
Der Schwerpunkt ist extrem tief, ein Gespann ist gerade kniehoch, das Personal liegt in den Dingern. Schon jetzt kann man Rennfahrzeuge und Straßengespanne kaum noch vergleichen.
Ende der 70er teilt sich, nach bilandschen Sonderwegen, die Szene: Die bisherigen Kurzgespanne gehen in die Formel 2 über, sind also Heckaussteiger mit Breitreifen in der konventionellen Kneelerbauweise, bis vor etwa 2 Jahren ausschließlich mit Stahlrahmen und 600 cm³ vierzylindern. Ein getunter Motor liegt da schon mal über 140 PS, Mindestgewicht 175 Kilo. Reicht für über 240 km/h. Alle Fahrwerksteile sind heute per Uniballgelenken einzustellen.
Die F2 ist brutal kraftraubend und knochenhart. Das Zentrum der Szene sitzt in England, die Isle of Man darf nur mit F2 gefahren werden. Diese Fahrzeuge sind mit dem W Gespann nur noch sehr entfernt verwandt (übrigens fast nur Linksläufer mit Bremse links und Schaltung rechts).
Die Krone ist die F1 Klasse, die Langgespanne seit den frühen 80ern (LCR). Hier gibt es keinen "Rahmen" mehr, sondern tragendes Element ist eine Kohlefaser /Aluprofilkonstruktion, verkelbt und vernietet. Alles andere wird hieran befestigt. Achsschenkellenkung vorn, dahinter der Fahrer, hinter (!!) dem Fahrer der Motor, der Auspuff unter dem Hintern durch nach vorne zwischen den Beinen....
Das Hinterrad erst hinter dem Motor. Dadurch wird das Ding irre lang (alle anderen Konstruktionen hatten die Motoren vorn bzw unter dem Fahrer). Der Beifahrer hockt ganz hinten, der Fahrer bekommt ihn nicht mehr zu sehen oder zu fühlen.
1000er Motoren mit bis zu 230 / 240 PS bis 2008 (im nächsten Jahr nur noch Serienmotoren).
Bei diesen Fahrzeugen handelt es sich strengenommen nicht mehr um Gespanne im Sinne von Motorrädern mit Seitenwagen. Eine Beschreibung als dreirädriger Formelwagen käme dem Zustand näher.
Diese Dinger sind abartig schnell und auf engen Kursen kaum noch zu gebrauchen, weil zu lang und zu stark.
Der Fahrer muß hier vor allem darauf achten, die Kraft kontrolliert einzusetzen. Das Hinterrad dreht in jedem Gang und dann schlägt die Fuhre quer. So hängt sich z.B. bei Regen der Beifahrer nicht mehr aus dem Seitenwagen. Nein, er wirft sich unbeirrt über das Hinterrad, da der Grip viel wichtiger ist, als das bißchen Geschlinger wegen des fehlenden Gewichtes.
Wilde Drifts, steigende Seitenwagen, all das ist hier selten , da einfach zu viel Leistung absolut präzise eingesetzt sein will (die Rabauken tummeln sich in der F 2).
Dafür sind die F1 vom Druck und vom Speed nicht zu toppen.
Selber haben wir drei Jahre lang einen frühen Kneeler eingesetzt und im letzten Jahr ein altes F2 aufgebaut und getestet. Den geplanten Kauf des F 1 haben wir verschoben, da wir erstmal eine F2 Saison fahren wollen (natürlich nicht, ohne den Oldie nebenbei einzusetzen).
Klappt es mit dem F 2, ist die Bahn frei. Es wird eine Frage der Kondition werden, den auch mein hochbelasteter Beifahrer ist mittlerweile näher an 50 als an 40. Und nach jedem Lauf pumpen wir wie die Maikäfer....
Werde im kommenden Jahr wieder Infos geben, wo wir fahren. Besucher sind immer willkommen.
Und wer sich nach Ostbrandenburg veriirt, darf sich auch gerne mal für ein Ründchen auf dem Firmengelände anmelden.
MfG
Kaimann