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Wie das Ding rennt weiß ich leider net.
Die Sitzposition entsprach dem sogenannten klassischem Stil, der Fahrer saß aufrecht, „die Nase im Wind”.
Im Fahrbetrieb überzeugte sie durch gutes Handling, die Maschine lag sicher in der Hand. Leute, die allerdings Linksschaltung gewohnt waren, mußten sich auf die rechtsseitige Bedienung der Gangbox umstellen, ebenfalls gewöhnungsbedürftig war die Schaltreihenfolge.
Der erste Gang wurde nämlich nach oben gezogen, alle weiteren vier Gänge nach unten geschaltet. Und fleißig schalten war fast schon ein Muß, der Motor lechzte regelrecht nach Drehzahl.
Von wegen „Bollermann mit Dampf aus dem Keller”, richtig Leben ins Gebälk kam erst über 4500 U/min. Das galt übrigens auch für die Motorvibrationen. Im Vergleich mit dem Geschüttele der englischen Ladys waren sie zwar recht harmlos, doch von einem seidenweichen Motorlauf konnte keine Rede sein.
Das hatten die Benelli Techniker zum Glück rechtzeitig erkannt.
So waren zum Beispiel Lenker, Tank, Instrumente, Scheinwerfer, Zündspulen, Batteriekasten, und Schalldämpfer in Gummi gelagert.
Doch ein dicker Viertakter ganz ohne Vibrationen wäre nie und nimmer ein echtes Männermotorrad gewesen. Das verlangte schon das Fahrervolk draußen auf dem Land. Ebenfalls zu einem echten Männermotorrad gehörte es eben auch, das Triebwerk via Kickstarter anzuwerfen. Elektrischer Anlasser - Fehlanzeige. Wofür auch. Mit beherztem Tritt auf den Kickstarter brachte man den Wirbelwind schon zum Laufen.
Und wer das nicht konnte, hatte in der Gilde der Windgesichter nichts zu suchen.
Ungeachtet des neuen Zeitgeistes ließ Benelli die Tornado weiterhin im Programm, spendierte ihr für 1972 aber etliche Neuerungen.
Die gravierendste Modernisierung war der schon seit langem versprochene elektrische Anlasser.
Da, wo bisher hinter dem Zylinderblock die Bosch Lichtmaschine über einen Keilriemen in Schwung gebracht wurde, saß jetzt der E-Starter. Die Lichtmaschine selbst war nun aufs Ende des linken Kurbelwellenzapfen gewandert, deutlich erkennbar ist dieser Umbau am linken Motorseitendeckel. Ebenfalls neu waren die Borrani-Hochschulterfelgen, die 230er Doppel-Simplex-Trommelbremse im Vorderrad und die neu abgestimmten Schalldämpfer. Neben einer anderen Farbgebung war der eckige Tank nun gefällig rundlicher geworden.
Trotz erhöhter Verdichtung von 9:1 auf 9,6:1 gab das Werk die Motorleistung jetzt nur noch mit 45 PS bei 6500 U/min an.
Benelli-Kenner Stefan Leibfritz hat zu den Leistungsangaben eine eigene Meinung: „Die Tornado wurde bei uns immer per Einzelabnahme vom TÜV abgenommen und da hat man die italienische Leistungsangabe sicherlich einfach nur am Schreibtisch in DIN-PS umgerechnet.
Beide Modelle, die mit 50 PS aus der ersten Serie, sowie die zweite Serie mit 45 PS, haben auf meinem Prüfstand immer zwischen 47 bis 48 PS gebracht.
Bis auf eine Ausnahme, dem Sondermodell Tornado 650 S2. Die von 1972 bis 1976 gebaute Sportausführung hatte man mit einem lenkerfesten Windschild, Sportsitzbank und schwarzen Motorseitendeckel veredelt.
Der überarbeitete Motor brachte tatsächlich etwas über 50 PS.
Technische Daten Benelli 650
Motor
Luftgekühlter Paralleltwin-Viertaktmotor, eine untenliegende Nockenwelle, Stoßstangen, Kipphebel, zwei Ventile pro Brennraum, Hubraum 642,8 ccm, Bohrung x Hub 84 x 58 mm, Verdichtung 9,6:1, 45 PS bei 6500 U/min, Zündung Kontaktgesteuerte Batterie-Spulenzündanlage 12 Volt, Naßsumpf-Druckumlaufschmierung, Ölinhalt 2,6 Liter, SAE 20W50
Antrieb/Fahrwerk
Primärantrieb über schrägverzahnte Zahnräder, Mehrscheibenkupplung im Ölbad, Fünfganggetriebe, Sekundärantrieb über Kette, Doppelrohrrahmen, hydraulisch gedämpfte Telegabel, Zweiarmschwinge mit zwei hydraulisch gedämpften Federbeinen, Radstand 1460 mm. Bremsen vorn: Doppelsimplex-Trommelbremse, Ø 230 mm; hinten: Trommelbremse, Ø 200 mm, Reifen: vorn 3.50 H 18, hinten 4.00 H 18, Leergewicht 220 kg, Spitze 170 km/h,
Preis 1973: 6295 Mark
G.Wurm.