das Thema wurde hier ja auch schon diskutiert. Im Thruxton Forum übrigens gerade auch und weil ja jedes PS zählt, hab ich mal ein paar Versuche zum Thema gemacht.
Es geht darum, über ein Ventil am Ausgang der Gehäuseentlüfung einen Unterdruck im Motorgehäuse zu erreichen, der die Pumpverluste reduziert und dadurch die Leistung erhöht. Dafür mußte Jennes W mal wieder herhalten.
Zuerst habe ich den Schlauch der Entlüftung mit dem SLS verbunden. Zum einen erzeugt das SLS einen Unterdruck, zum anderen lassen die Membranen des SLS Überdruck durch und sperren gegen Unterdruck, so daß sich im Gehäuse ein Unterdruck bilden sollte. Soviel zur Theorie. Auf dem Prüfstand war leider absolut kein Unterschied zu messen. Die Ergebnisse waren auch hinter dem Komma gleich.
OK, evtl hat die ca. 40 cm lange Leitung den erhofften Effekt zunichte gemacht. Als nächstes habe ich ein Sperrventil aus dem Automobilbau genommen, wie es auch im Thruxton Forum empfohlen wurde. An den Enlüftungsschlauch habe ich eine Unterdruckuhr gehängt. Im Stand ergab sich tatsächlich ein Unterdruck von 0,02 bar. Sobald ich etwas mehr Gas gegeben habe, ging der Druck aber in den positiven Bereich. Allerdings hatte das Ventil nur einen Leitungsdurchmesser von 8mm und war evtl zu klein, um die Blowby-Gase durchzulassen (Jennes W hat übrigens ca. 20.000 runter und ist kerngesund). Also hab ich nochmal einen Versuch mit dem Membraneinlass eines Zweitaktmotors gemacht.
Wieder nur maximal 0,02 bar Unterdruck und bei höheren Drehzahlen praktisch kein Effekt. Aber immerhin kein Überdruck mehr. Ich habe allerdings noch nicht gemessen, ob sich im Normalbetrieb mit der Serienentlüftung evtl ein deutlicher Überdruck aufbaut, der sich so reduzieren läßt.
Nächste Woche habe ich wieder ein bißchen Zeit.
Bis dahin würde ich mich über ein bißchen (theoretischen?) Input freuen.
Etwas Grundsätzliches zu den "Pumpverlusten": Die Arbeit, die beim Zusammendrücken des Gases im Kurbelgehäuse im Arbeitstakt geleistet wird, wird zum größten Teil reversibel gespeichert, wie bei einer Luftfederung. Beim nächsten Takt gibt das elastisch expandierende Gas wieder Energie an den Kolben ab, die nicht aus der Schwungmasse entnommen werden muß. Es gibt tatsächlich einen geringen Energieverlust, weil sich durch die Kompression das Gas im Kurbelgehäuse erwärmt und in komprimierten Zustand einen Teil dieser Wärme ans Gehäuse abgibt. Durch einen Unterdruck im Kurbelgehäuse verringert sich der irreversible Effekt, weil eine kleinere Luftmasse beteiligt ist.
Wie zu erwarten war, hast Du bei einem Unterdruck von 2% nix gesehen.
Dieter (die genaue Rechnung muß ein Ingenieur liefern )
zu der Theorie mit der ein/ausfedernden Luft hatte Wännä in einem anderen Beitrag schonmal geschrieben, daß die Enegiebilanz zusätzlich dadurch negativ ist, daß die zurücklaufende Welle nicht wieder direkt auf den Kolben wirkt. Oder so ähnlich Mal abgesehen von dem Verlust, der dadurch eintritt, daß ein Teil des Drucks über die Entlüftung entweicht.
Zitat von Ulf im Beitrag #6...die zurücklaufende Welle...
Bei den Geschwindigkeiten, mit denen das Gas unter dem Kolben bewegt wird, nämlich etwa 20 m/s (entspricht 6% der Schallgeschwindigkeit), spielen Wellen nur eine ganz kleine Rolle. Interessanter sind Turbulenzen, die durch strömungsfeindliche Form des Gehäuses entstehen und einen Verlustkanal darstellen.
Zitat Mal abgesehen von dem Verlust, der dadurch eintritt, daß ein Teil des Drucks über die Entlüftung entweicht.
Da stellt sich aber ein Gleichgewicht ein, wie Deine Manometer zeigen, es wird so viel hinausgelüftet, wie an den Kolbenringen vorbeipfeift, und gut ist. Ich bin der gleichen Meinung wie Stefan, daß es sich hier um einen Nebenkriegsschauplatz handelt.
wenn dem so wäre, dann würde der Kolben nicht durch ein so enges Einlaßventil sooooo viel Gemisch ansaugen. Auch wenn wir den Kolben nur noch als Schatten sehen, für die Luft ist das keine Geschwindigkeit, die wird erst träge, wenn es in Richtung Schallgeschwindigkeit geht. Davon sind Maschinenkolben aber recht weit entfernt.
Die Blow-By Gase sind ein schlecht zu greifender Faktor in dem Geschehen. Um das ganze richtig zu untersuchen, müßte erstmal der stehende Motor mit Unterdruck versehen werden - was vermutlich nicht gelingt, weil er sich durch alle möglichen Ritzen Luft zieht.
Aha, ich sehe gerade, Dieter hat die Schallgeschwindigkeit schon selbst berechnet
Mal laut gedacht: Wäre es nicht eine einfache Lösung, die Motorentlüftung in einen weiteren geschlossenen Kasten zu führen und von dem je eine Unterdruckleitung zu beiden Vergaser-Ansaugstutzen. So hättest du doch automatisch Unterdruck erzeugt.
Grüße Falcone
Im Sommer ist es zu warm, um das zu machen, wofür es im Winter zu kalt ist - und jetzt ist´s wurscht - es ist Herbst
Zitat von decet im Beitrag #3Etwas Grundsätzliches zu den "Pumpverlusten": Die Arbeit, die beim Zusammendrücken des Gases im Kurbelgehäuse im Arbeitstakt geleistet wird, wird zum größten Teil reversibel gespeichert, wie bei einer Luftfederung....
Genau das würde ich aus dem Bauch heraus auch so sehen, nur hilft das Ulf wenig.
Andererseis: wie sieht die Gehäuseentlüftung überhaupt aus?? Ist da ein Rückschlagventil oder ähnliches drinne??
ich kann sowas ja nicht, aber es würde mich mal interessieren, wieviel Kraft die Kolben brauchen, um auf seinem Weg nach unten bei Nenndrehzahl die Luft zu verdrängen. Und wieviel geringer der Verlust wäre, wenn im Kurbelgehäuse z.B. 0,1 bar Unterdruck herrschen würden. Dann hätte ich eine Vorstellung davon, ob es sich überhaupt lohnt, weiter zu experimentieren.
ich kann sowas ja nicht, aber es würde mich mal interessieren, wieviel Kraft die Kolben brauchen, um auf seinem Weg nach unten bei Nenndrehzahl die Luft zu verdrängen. Und wieviel geringer der Verlust wäre, wenn im Kurbelgehäuse z.B. 0,1 bar Unterdruck herrschen würden.
Der Verlust bei der Abwärtsbewegung ist bei Unterdruck geringer, keine Frage. Aber irgendwann müssen die Kolben ja wieder hoch, und wenn dann im Gehäuse Unterdruck herrscht ....
Eigentlich ganz interressant, die Frage. Ist es vielleicht nicht eher so, dass der Unter- und Überdruck gleich groß sein müßten, die Blowby-Gase mal außen vor gelassen?? Hmmm, mehr als absolut 0 bar geht ja nicht, mehr als 2 bar hingegen schon ...
ich geh mal davon aus, daß das gesamte Gehäuse der W so groß ist, daß sich diese Volumina "verlaufen" und dort gar nichts gemacht werden muß (anders gesagt: es auch nichts bringt, etwas zu tun.)
Beim Boxer ohne Getriebe- und Kupplungsgehäuse sehen die Verhältnisse schon ganz anders aus.
Zur Gasarbeit: es wird nicht die Welt sein, also aus meiner Einschätzung auch nicht als Tuningmittel taugen. Mit der Berechnung ist das so eine Sache. Man müßte irgendwelche Annahmen treffen und auf der Basis irgendwas rechnen, aber das wird nicht richtiger dadurch, daß man viele Formeln verwendet.
Wenn Strömungen einigermaßern definiert werden durch z.B. engste Querschitte am Einlaß oder Auslaß, dann kann man auch was rechnen. Dagegen kann man die Strömungsverteilung unten am Austritt des Zylinderfußes ungefähr mit einem ausgeschüttetem Eimer Wasser vergleichen, der auf der Terrasse einen großen Fleck bildet .
Interessant waren die Messungen mit meiner W auf dem Prüfstand, wo statt der gezogenen Kupplung der Motor ohne Last von der Rolle gedreht wurde. Das ergibt natürlich ein völlig falsches Bild von der Leistung, denn die Bremsleistung des Motors rechnet der Computer ja noch obendrauf. So hat dann eine stinknormale Wännä-W mal so eben knapp 70 PS. Aber interessant ist es schon, weil man so sich der indizierten Leistung, also der thermodynamischen Leistung des Motors annähern kann.
Dabei fiel folgendes auf:
Mit geschlossenem Gasgriff wurde eine geringere Bremsleistung gemessen, als mit voll geöffnetem Gasgriff und ausgeschalteter Zündung (An dieser Stelle muß nochmal Ulfs Mut lobend erwähnt werden, denn sich die ganze Absauganlage voll zündfähiges Gemisch zu saugen, da gehört schon was zu . Hätte sich das entzündet, dann wär mindestens der Absaugschlauch weg gewesen - vielleicht noch mehr ).
Dieser Unterschied galt aber nur für hohe Drehzahlen, bei niedrigen sah es genau umgekehrt aus. Dort war die Bremslast bei geschlossenem Gasgriff höher, als bei geöffnetem.
Das bedeutet, daß die Durchpumpleistung des Gemisches einen rel. großen Teil der Verlustleistung bei hohen Drehzahlen ausmacht. Aaaaber: das sind große Mengen, die durch kleine Ventilöffnungen geführt werden müssen. Würde man den ZK demontierten und dann dem Motor auf Drehzahl bringen, würde er gasdynamisch vermutlich kaum abgebremst werden.