MoinMoin! ich könnte ja auch in ziros Hobby-Fred schreiben, aber vielleicht ist der bereits zu sehr abgedriftet. Surfen? Ist doch längst passé. Heute wird gekitet. Das ist IN! Na gut. Ich alter Knacker surfe noch, immer noch, seit bald 40 Jahren, und kein Ende in Sicht. Manchmal denke ich, ich spinne. Dieser Aufwand! Da kauft man sich ein Häuschen oberhalb vom geliebten Gardasee (wo ich mit dem Surfen angefangen hatte). Und damit ich entspannt weiterhin surfen kann, musste ein Anhänger her, in den das ganze Gerödel reinpasst. Und dann ein Saisonpreis ausgehandelt werden mit Luigi, dem Platzvermieter (solange das hier noch geht). Und Luigi hat ein einnehmendes Wesen ... Und dann gibts soooo viel zu tun am Häuschen, dass ich überhaupt nicht zum Surfen komme. Na ja, langer Rede kurzer Sinn: Endlich sit das Wetter in Bayern schlecht, und dank des Druckgefälles gibts hier den geliebten morgendlichen Nordwind. Gestern wars richtig heftig. Eher nix für Soulie (kommt eigentlich von Soulsurfer), das Sensibelchen. Das war harte Arbeit! Das hat gefetzt! Da hätte ich lieber Peles Statur gehabt. Heute knattere ich wieder runter (Wecker geht um 6:15). Von oben siehts Klasse aus. Am See? Wo isser denn, der Wind? Optimistisch das kleine Brett (von einem begnadeten Shaper / Laminierer vor etwa 12 Jahren gebaut) und das 6er Lieblingssegel gegriffen (Neil Pryde V6, auch etwa 10-11 Jahre jung) und einen schönen Gleitschlag gemacht. Dann wars vorbei. Rausgedümpelt, das größere Brett geholt und wieder los. Und diesmal hats gepasst. Schwerelos über den Lago gedüst, nur Fliegen ist schöner? Ich glaubs nicht! Einfach geilgeilgeil! Unbeschreiblich! Immer wieder! Alles macht Sinn! All der Aufwand, die Arbeit, das Gerödel, alles vergessen. Du fühlst dich wie ein Gott. Die Lichtreflexe auf dem Kurs rüber zur anderen Seite (gegen die Sonne) machen etwas zu schaffen, aber eine Sonnenbrille wär zu blöd. Hatt' ich mal probiert. Du glaubst, das kann ewig so weitergehen. Und du bist völlig allein auf dem See. Irgendwo in der Ferne vielleicht ein anderer Surfer (nanu, warum gleitet der nicht?) oder Kiter. Später kommen dann ein paar Motorboote und Linienschiffe, aber der See ist groß ... Und dann lässt der Wind leider etwas nach, so dass es zum Gleiten nicht mehr reicht, und es heißt: Feierabend. Raus. Ich war allerdings ziemlich Höhe gelaufen (man weiß ja nie ...) und musste die wieder vernichten. In früheren Jahren, als ich noch auf der Ostseite surfte und der Wind auf der Westseite besser blies (was er dort immer noch tut), hatte ich den Gleitrausch immer bis zum letzten Tropfen bzw.Windhauch ausgereizt und musst dann an manchen Tagen eine Stunde und mehr zurückschwimmen. Glücklich und zufrieden! Hier in Campione bleibt mir das erspart. Da geht dann immer noch ein Lüftchen in Ufernähe. Also - heute hats gepasst! Und ich hoffe, morgen auch wieder! Und wenn nicht? Dann hatte ich einen wunderschönen Ritt auf meiner XBR und knattere ebenso genussvoll wieder rauf. So, das musste mal gesagt werden!
Irgendwie erinnerst Du (bzw. Deine Beschreibung) mich an meinen leider bereits verstorbenen Ex-Chef ... nicht nur, das er (auch Marathonläufer), als eigentlich Norddeutscher, auch überall mal 'rumgekommen ist (lebte längere Zeit in der Pfalz, [und hat mich z.B. zum auch-Weintrinker; sog. Hybridsäufer ] umerzogen): der machte sich Ende der 70-er/Anfang der 80-er Jahre zuerst noch über die "New-Lifestyle"-Yuppie-Typen mit der damals neuen Mode-Sportart Windsurfen lustig, fing aber irgendwann mal selbst damit an, und war dann genauso begeistert davon wie Du. Letzte Woche hätte der Geburtstag gehabt - leider hat er wahrscheinlich zu wenig getrunken, und ist dann mit 68 nach dem Joggen tot umgekippt .
Soulie: sei schlauer und geniesse Deine Zeit noch lange ...
Zitat Soulie: sei schlauer und geniesse Deine Zeit noch lange
Jau Pele, das hab ich vor! Vor Jahren dachte ich immer: Das muss ein schöner Tod sein. Auf dem Surfbrett in voller Gleitfahrt plötzlich den Löffel abgeben. Vor 11 Jahren hatte ich das - in der Karibik - um ein Haar geschafft. Aber das ist ne andere Geschichte ... Beschreiben kann man diese Gefühle nur schwer, und jeder empfindet sie wohl auch ein bisschen anders. Kräftigere Surfer als ich fahren gern überpowert, wollen die Schnellsten sein. Ich liebe die Schwerelosigkeit, wenn alles stimmt und ich nur im Trapez hänge ohne jeden Kraftaufwand. Es ist wirklich nahezu wie Fliegen. Ich hab ideale Hebel für Mittelwind, so bis 5 Bft. Bei stärkerem Wind fehlt mir die Masse. Heute früh war absolut niggese. Flaute! Aber geguggt hab ich natürlich! Stattdessen ne kleine Runde mit'm Mopped - macht auch Spaß! Aber wem sag ich das ... Leider ist es sehr schwer, die Gefühle und Empfindungen in Worte zu fassen, die man an solchen Tagen erlebt. Man will singen - oft tu ichs auch. Man bedankt sich ganz oben, dass man das erleben darf.
Vorgestern abend auf der Rückfahrt vom „Strand-“Picknick: Achim fährt vor. Eine feine West-Ost-Strecke parallel zur B 404. Sehr kleine, schmale Sträßchen schlängeln sich durch die sanften Hügel Holsteins. Absolut verkehrsarmer Sonntag. Die Temperatur genau richtig, nicht zu warm und nicht zu kalt. So, dass man die Unterschiede zwischen der Fahrt entlang eines Feld und dem Eintauchen in das Wäldchen sofort und hautnah spürt. Der Duft abgemähter Wiesen wird durch den Hauch von fast reifem Weizen und Roggen durchzogen. Der kleine Regenschauer ein paar Stunden zuvor hat die Luft gereinigt. Dann wieder in der Nähe der Zivilisation Holzkohlefeuer mit Bratwurst-Aroma. Schilder mit 30 wegen spielender Kinder auf der Straße sind nicht lästig, wenn man sie als Gelegenheit betrachtet, in die Welt einzutauchen. Kopfsteinpflaster, reetgedeckte Katen, Gärten ohne Zäune - überall scheinen in diesem Jahr die Rosen besonders üppig zu gedeihen. Raus aus dem Ort, beschleunigen im 2. Gang, leichte Muskelanspannung der Arme und des Nackens. Hochschalten. Ach, der schöne Klang. Locker und sanft durch die Kurven. Das Lichtspiel eines Redders. Dann wieder freies Land, wunderbar intensive Farben in der untergehenden Sonne. Mit 80 unterwegs, die Sonne im Rücken und dem eigenen Schatten hinterher. Man kann schreien vor Lebenslust. Surfen mit der W.
Ich bin absolut sicher, dass die Sitzposition auf einem Motorrad ein viel zu häufig vernachlässigter Faktor ist. Dieses Gefühl (s.o.) kann zumindest ich nur empfinden mit den Augen voraus. Bei gebeugter Grundhaltung mit natürlichem Blick auf den Tacho, wenn ich zum Geradeausschauen den Kopf in den Nacken drücken muss, dann neigt man viel eher zum wilden Gasgriffdrehen und der Zauber des Momentes ist dahin.
schön geschrieben, soulie. als ich dieses jahr nach pfingsten am lago war (camping maroadi), hatte ich den eindruck, windsurfen kommt wieder. so viele junge leute und kinder auf dem brett habe ich schon lange nicht mehr gesehn. ich bin tatkräftig dabei, den sport nicht sterben zu lassen. meine siebenjährige hat dieses jahr ihre ersten meters auf dem brett gemacht mit 1,5 qm kindersegel. am wochenende gehts noch mal zum stausee und mitte august dann drei wochen fehmarn. freue mich schon!
Jau! Nisiboy: Schön geschrieben! Das kann vermutlich jeder hier nachempfinden. Wenn ich meine Empfindungen auf dem Wasser ebenso ausdrücken könnte ... Ich freue mich auch schon auf die zwei (oder drei) Wochen im Norden, wenns besinnlich auf Tour / Treffen geht - hoffentlich ohne Regen! Ohne die richtige Sitzposition kommt das von dir beschriebene Feeling nie rüber. Das ist auf'm Surfbrett nicht anders. Da muss ich - auf Serienbrettern - meist die Position der Fußschlaufen verändern. Weil ich nicht heizen will sondern soulsurfen! Entspannt übers Wasser gleiten, fliegen, schweben ... Und für die Handvoll Soulsurfer ist kein Markt da ... Da muss man selbst Hand anlegen. Wie beim Mopped ...
Saluti Soulie
edit: martin: Hier am Lago ist natürlich surfmäßig die Hölle los. Und Fehmarn ist auch nicht schlecht ... Aber Windsurfen ist kein Trendsport mehr. Schon seit dem Ende der 80er (die 80er waren die fetten Jahre) stagniert diese Sportart. Mir solls recht sein. Zuviel Material, zu teuer, ohne Auto geht gar nix, und dann kam halt das Kiten, das leichter zu lernen ist und viel weniger Material erfordert. Schön, dass deine Kleine bereits die ersten Stehversuche hinter sich hat. Ich hab noch ein paar Boards in Hamburg, die ich nicht mehr brauche. Bei Interesse hol dir (für sie?) gern eins ab!
vielen dank fürs angebot, soulie. tatsächlich könnte ich für meine tochter noch was leichtes gebrauchen. das board, das sie gerade fährt, hat kein schwert oder eine zweite finne, wird also für sie ziemlich schwierig mit steuern und höhelaufen. hier mal ein bild von den ersten metern auf dem lago.
Angefügte Bilder:
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Schön! Mädchen lernens ohnehin - noch - leichter. Schwertbretter hab ich leider keine. Leichte schon. Schau halt vorbei, wenn du magst. Ich fördere gern den Surfer-Nachwuchs!
Zitat von CHEstrellaOh, Mann macht ihr gefährliche Sportarten. Der CHEstrella
Besonders geistreicher Beitrag, Che! Alle Achtung ...
Letzten Samstag gabs hier einige Verletzte. Vor ein paar Jahren gabs gleich drei Tote, die (als sie noch lebten) den Wind unterschätzt hatten. Hätte ich all die Zeit statt auf dem Surfbrett aufm Krad verbracht, dann wäre ich - statistisch gesehen - vermutlich schon zweimal gestorben. Die nächsten Tage werden übrigens anstrengend! Da ist täglich richtig guter Wind angesagt! Aber ich konnte mir bereits heute morgen die Seele aus dem Leib surfen. Morgen wirds härter ...